… Man ist gut beraten, wenn man sich vor jedem, aber auch wirklich jedem Zug, mit dem man eine Reise zu unternehmen gedenkt, auch wenn diese nur kurz sein sollte, im Internet darüber informiert, ob der gewünschte Regionalexpress, IC, EC, ICE etc. überhaupt fährt. Doch selbst wenn man diese Vorsichtsmaßnahme ergreift, ist man vor Ärger ganz sicher nicht gefeit…
… Vor einigen Tagen inspirierte mich ein Kommentar einer lieben Bloggerfreundin dazu, mich näher mit einem legendären bayerischen Volkshelden zu befassen. Zu diesem Zweck hatte ich geplant, mit der BOB nach Schliersee zu gondeln. Da am Freitag Nachmittag in Nähe des Hauptbahnhofs ein Zug entgleist war und mehrere Weichen beschädigt hatte, guggelte ich zuvor im WWW noch kurz nach Störungsmeldungen. Ich stieß auf die Nachricht, dass im Prinzip alle Züge wieder normal verkehren würden, und gab mich damit zufrieden. Hätte ich doch nur weitergelesen, denn da stand nämlich zudem sinngemäß geschrieben: Es kann aber sein, dass einige Züge ausfallen werden, kann sein, muss aber nicht. Und es kann sein, dass einige Regionalbahnen erst ab Pasing bzw. dem Ostbahnhof verkehren, vielleicht, vielleicht aber auch nicht – wie man in Bayern so schön sagt: „Nix gwiss woaß ma ned.“. Aber im Prinzip würden, wie gesagt, alle Bahnen wieder normal verkehren…
… Eine knappe halbe Stunde später stand ich im nördlichen Teil des Hauptbahnhofs und staunte nicht schlecht. Gähnende Leere herrschte dort, und an jeder Zuganzeige bei den Gleisen hieß es: „Zug um … nach … fällt heute aus.“ Ich wandte mich an den Ticketschalter der BOB und erhielt dort auf meine Frage die Auskunft: „Die Regionalbahn nach Schliersee fährt um 14:08 Uhr ab Ostbahnhof.“ Ich sah auf die Uhr – noch siebzehn Minuten Zeit, das müsste zu schaffen sein…
… Natürlich stand der BOB-Zug am Ostbahnhof auf dem am weitesten entfernten Gleis. Ich hatte, nachdem ich die quälend langsame S-Bahn verlassen hatte, noch drei Minuten, um durch die Unterführung dorthin zu gelangen. Natürlich hat der Aufgang zu Gleis 12 keine Rolltreppe. Und natürlich ist zur Zeit der Lift außer Betrieb. Natürlich sah ich deshalb vom Zug nur mehr die Rücklichter, als ich keuchend und schnaufend endlich oben angelangt war. Ich fluchte laut und wutentbrannt wie ein Fuhrknecht, zum Glück war niemand in meiner Nähe…
… Auf dem Weg zurück zur S-Bahn begegneten mir etliche völlig verwirrte Fahrgäste. Man hätte sie vom Hauptbahnhof hierher geschickt, und nun gäbe es keinerlei Hinweise darauf, ob, wann und von wo ihre gebuchten Züge fahren würden. Ein junger Japaner zeigte mir auf seinem Handy, dass sein ICE Richtung Berlin grade eben ersatzlos gestrichen worden sei. Er fragte mich, was er nun tun solle. Ich begab mich mit ihm auf die Suche nach DB-Personal, das ihm behilflich sein könnte. Da war jedoch niemand! Im gesamten Ostbahnhof zeigte sich kein einziges Mitglied des DB-Service, das dazu in der Lage gewesen wäre, Fragen gestrandeter Reisender zu beantworten, Auskünfte zu erteilen, die chaotisch durcheineinander quirlenden Ströme hilf- und ratloser Fahrgäste zu koordinieren…
… Der Bundesverkehrsminister, eine hochintelligente Koryphäe ersten Ranges – * beissender Ironiemodus* -, hat der Deutschen Bahn vor kurzem eine Milliarde Euro zur Verbesserung des Schienennetzes, des Fuhrparks, sowie des Services zugesagt. Die erste Reaktion – beinahe unmittelbar darauf – war, dass die Vorstände beschlossen, sich kräftigst – um ca. 40 % – die Gehälter zu erhöhen. Deutlicher kann man nicht zeigen, dass diesem Beförderungsunternehmen das Wohl und Wehe, sowie die Zufriedenheit der Passagiere aber so was von am A*** vorbei gehen, und die eigenen Interessen im Vordergrund stehen…
… Mir war die Lust nach meinem sonntäglichen Ausflug, den ich mir so schön vorgestellt hatte, gründlich vergangen. Ich fuhr zurück nach Hause. Und nun werde ich einen Frustkuchen backen, einen saftigen, nussigen, mit ganz, ganz viel dicker, schwarzer Schokolade…