Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Bayerns geheimnisvolles Urviech…

… soll bereits in der Antike aus einer „Mesalliance“ zwischen einer Ente und einem Hasen tief in den oberbayerischen Wäldern hervorgegangen sein, in einer Vollmondnacht, als die Wilde Jagd, der Zug der Geister, angeführt von der Frau Perchta, über den wolkenverhangenen Himmel gestürmt war, begleitet von einer schaurig-schönen, überirdischen Weise. Damit erklärt sich, warum die ausgestopften Exemplare des legendären und überaus scheuen Wesens häufig die Patschfüßchen und Flügel einer Ente und den Körper eines Hasen aufweisen. Kleine Hörner zwischen den langen Ohren, ein buschiger Schwanz oder scharfe Reißzähne könnten Beweise dafür sein, dass sich auch andere Tiere wie z. B. Gemsen, Eichhörnchen, Rehe, Luchse oder gar Vampire unter den Vorfahren von Bayerns rätselhaftester Kreatur befunden haben. Manche dieser Mischwesen, die in bergigen Regionen leben, haben ungleich lange Beine, das heisst, sie können sich an steil abschüssigen Hängen ausschließlich in eine einzige Richtung bewegen…

… In Oberbayern wird das bayerische Urvieh Wolpertinger genannt, im Salzburger Raum auch Raurackl, in Niederbayern Oibadschrischl, die Gebrüder Grimm bezeichneten es Mitte des 18. Jahrhunderts als Kreißl…

… Wolpertinger sind, wie bereits erwähnt, sehr scheu, und es ist ausgesprochen schwierig, einen dieser Waldbewohner zu Gesicht zu bekommen oder gar zu fangen. Es gibt von Region zu Region unterschiedliche Methoden, eines bayerischen Urviechs habhaft zu werden: Manche erfahrene Jäger behaupten, Semmelknödel würden auf Wolpertinger schier unwiderstehlich wirken, andere meinen, Allgäuer Emmenthaler sei deren Leibspeise, und man könne sie damit in die Falle locken. Auch der Anblick einer schönen jungen Frau in einer Vollmondnacht, oder das flackernde Licht einer Kerze würde das seltsame Mischwesen alle Vorsicht vergessen lassen. Und jene, die unglücklicherweise ungleich lange Beine haben, würde man durch das Bestreuen mit Salz so arg erschrecken, dass sie völlig kopflos die Richtung wechseln und sich selbst dadurch zu Fall bringen würden…

… Wolpertinger ernähren sich in der Regel von Körnern, Nüssen, Kräutern und Beeren, aber sie verschmähen auch kleinere Nagetiere keineswegs. Und sie verfügen über eine höchst bemerkenswerte anatomische Besonderheit, einen sogenannten Gärsack. Dieser befindet sich im Schlund, aufgenommene Körner werden automatisch dort hinein befördert und zu einem sehr stark alkoholhaltigen Getränk vergoren…

… Ob es diese erstaunlichen Kreaturen wirklich gibt? Nix Gwiß woaß ma ned – Genaues weiß man nicht. 😉 Im Münchner Jagd- und Fischereimuseum zumindest kann man einige ausgestopfte Wolpertinger-Exemplare besichtigen. Und in so manch einer bayerischen Wirtschaft pflegt ein Wolpertinger über dem Stammtisch Wacht zu halten…

… Mit diesem Blogpost nehme ich an einer Blogparade von Sue Vincent zum Thema Sagen, Legenden und Fabelwesen teil…


46 Antworten zu “Bayerns geheimnisvolles Urviech…”

  1. Wolperdinger (und deren Geschichte) kenne ich aus meiner Bayern Zeit sehr gut. Manchmal verfolgen sie mich noch hierher. Besonders schlimm ist es nach heftigen Partys. Dann sehe ich morgens einen in meinem Badezimmer. Der schaut mich dann grinsend aus dem Spiegel an.

  2. Oh wie schön! Endlich erfahre ich ausführlich vom Wolpertinger! Danke! Ich muss dazu auch eine Geschichte erzählen: In den letzten Jahren vor meinem Abitur (1974) hatte ich eine BiologieLehrerin, die fest von der Existenz des Wolpertinger überzeugt war. Sie gab sich sehr viel Mühe und reiste Jahr für Jahr in die Alpen, um sich dort auf die Lauer zu legen. Sie erzählte ihren staunenden und grinsenden Schülern von ihren Erlebnissen und Misserfolgen dabei. In dem Sommer vor dem Abi hatte sie eine teure Fotoausrüstung mitgenommen und mit einem Bewegungsmelder an einer Stelle aufgestellt, wo das geheimnisvolle Tier regelmäßig vorbeikommen sollte. Sie ließ die Kamera über Nacht dort stehen und war sehr erstaunt, dass sie am nächsten Morgen verschwunden war. Sie war sehr empört über den dreisten Diebstahl. Das gab aber eine gute Entschuldigung dafür, dass sie den Wolpertinger nicht erwischt hatte. Kein Ruhm und Ehre für sie! Ein paar Jahre später habe ich erfahren, dass sie in der Psychiatrie gelandet war. Ich fand sie immer sympatisch, schließlich verdanke ich ihr eine Zwei im Bio-Abi. 🙂

    • Sehr gerne! 😀 Ich habe eine kleine Weile im WWW recherchiert, liebe Ulrike. Leider, leider waren gestern im Jagd- und Fischereimuseum sämtliche Zugangskarten zu den virtuellen Info-Säulen vergriffen, was mich ein kleines bisserl geärgert hatte, denn ich bin ja nur wegen der Wolpertinger dorthin. 😉
      In der bayerischen Wirtschaft mit Pensionszimmern, in der ich vor fast vierzig Jahren einige Jährchen gearbeitet hatte, war mal ein etwas naives, aber ungemein liebenswürdiges Pärchen aus dem Ruhrpott zu Gast. Unser Ober, ein schlitzohriger Tiroler, hat gar nicht lange gebraucht, bis er die Zwei von der Existenz des Wolpertinger überzeugt hatte. In einer Vollmondnacht sind sie mit einem Vogelkäfig und einem großen Stück Käse auf unseren Hauberg, den Grünstein, losgezogen, um einen Wolpertinger zu fangen. Was natürlich nicht der Fall gewesen ist, aber unsere Gäste hatten eine wunderschöne Vollmondnacht im Bergwald verbracht, und allerlei andere Tiere beobachten dürfen – Rehe, Füchse, Hasen und sogar eine Gemse mit Kitz. 😉
      Das ist schon bös, dass man deiner Biologielehrerin die Kamera gestohlen hatte! Und dass sie in der Psychiatrie gelandet ist, tut mir sehr leid.

    • Danke schön, lieber Michael! 🙂 Eigentlich wollte ich etwas über Laufen und Oberndorf erzählen, aber dann hat es mich schreibenderweise irgendwie doch mehr in Richtung Wolpertinger gezogen. 😉

        • Das kam mir sofort in den Sinn, als ich bei Sue Vincent von der Challenge gelesen habe. 😉
          Die Wolpertinger mit unseren PolitikerInnen zu vergleichen ist für erstere allerdings nicht eben schmeichelhaft. 😉

          • Womit du Recht hast. 😉 Schon mitbekommen? Gestern war der Passau Bischof neben dem irischen Ministerpräsidenten in Seeon. O-Ton „um über „Künstliche Intelligenz und Bundeswehr“ zu sprechen. Mußte mir das echt dreimal anhören, um es wirklich glauben zu können. ***lol***

              • Wenn zukünftig also KI StudienkandidatInnen auswählt, könnten theoretisch die „christlich-abendländischen Grundwerte“ ebenfalls berücksichtigt werden. Heißt „KI“ dann vielleicht „Kirchliche Intelligenz“? Dann aber bald „VR“ auch „Verdummte Republik“?? 🙂

                • Da möchte ich jetzt fast ein bisschen böse fragen, ob sich Kirche und Intelligenz denn nicht recht häufig widersprechen. 😉 Beim Streifzug durch die sogenannten „Sozialen“ Netzwerken kann man durchaus ungezählte Beweise für eine VR finden…

  3. Wir haben hier ein weibliches Wolpertinger zu Hause. Wir sagen Mama zu ihr und schlafen gerne in ihrem Bettchen 😹
    Wir freuen uns schon auf Fotos aus dem Wolpertingermuseum.
    Amira, Luna, Lakritze und Tobias (ohne Mama, sie weiß nicht, dass wir dir hier schreiben… kicher)

    • 😆
      Ihr seid aber ganz schön frech, Amira, Luna, Lakritze und Tobias. 😉 Da hoffe ich jetzt sehr, dass eure Mama das nicht liest, sonst würde sie euch vielleicht die Schleckerlis und Streicheleinheiten kürzen. 😉

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