Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Unterwegs im Blauen Land (4)…

… Das Dorf Eglfing, gut zwei Kilometer nordöstlich von Uffing am Staffelsee gelegen, war mir während der schönen Busfahrt mit der DB-Regionallinie 9631 ganz besonders aufgefallen. So plante ich einen Besuch dieses Ortes als meine nächste Erkundungstour im Blauen Land…

… Nach einem nicht ganz unbeschwerten Marsch entlang einer viel befahrenen Straße hatte ich mein Ziel erreicht…

… Fährt man mit dem Linienbus durch die kleinen Ortschaften des Blauen Landes, nimmt man diese natürlich von ihrer schönsten Seite wahr, da bleibt so manch Ungutes verborgen, das sich dann beim Erwandern den aufmerksamen Blicken erschließt. Das Bauernhof- und Wirtshaussterben zum Beispiel – das tut mir immer sehr weh, wenn ich entdecken muss, wie wundervolle, teilweise Jahrhunderte alte, einst so stattliche Gemäuer dem Verfall preisgegeben werden. Was da zumeist an uralten Gebräuchen verloren geht, wenn eine alte Gastwirtschaft auf immer ihre Pforten schließen muss, man denke nur an Kartenspiele, die oft ausschließllich in einer bestimmten Region gepflegt wurden, an all die lebhaften und bunt ausgeschmückten Stammtischlegenden. Auch Bausünden stechen beim langsamen und konzentrierten Schlendern besonders ins Auge – wenn auf ein auf traditionelle Weise errichtetes Bauernhaus ohne jegliche Rücksicht ein hochmodernes Obergeschoss gepfropft und die heimelige Rundbogen-Haustür mit einem wuchtigen, ja, geradezu scheußlichen Säulenportikus zu „zieren“ versucht wird, oder die alten, vier- und sechsteiligen Fensterstöcke durch neuzeitliche, durchgehende Scheiben ersetzt wurden…

… Zum Glück finden sich in Eglfing noch etliche Bauwerke, die mein Herz höher schlagen lassen. Das Anwesen Talstraße 19 im unteren Ortsteil zum Beispiel:…

… Das kleine Barockkircherl Maria im Tal…

… Nicht nur wegen seiner prachtvollen Gestaltung sondern auch seiner überaus interessanten Geschichte höchst bemerkenswert ist der Freskenhof, ehemals Russenhof genannt, an der Hauptstraße im oberen Ortsteil gelegen…

… Erbaut wurde das stattliche Anwesen im 18. Jahrhundert durch den ehedem sehr erfolgreichen Kraxenträger Joseph Dichtl und seiner Frau Fany Eleonora. Kraxenträger waren in früheren Zeiten Händler, die ihre Waren auf einer sogenannten Kraxe, einem Holzgestell, auf dem Rücken durch ganz Europa transportierten…

… Joseph Dichtl erwies sich als ausgesprochen talentiert, die berühmten Hinterglasmalereien und Holzschnitzereien der Gegend zu vertreiben. Er gründete sogar in St. Petersburg und Moskau Filialen für die bayerischen Waren, und wurde von der Zarin Katharina der Großen zu ihrem Großbankier ernannt…

… Im Alter zog es den „russischen Kaufmann“ und seine Frau zurück in die Heimat. Der Freskenhof wurde ihr Alterssitz, zudem ermöglichten Joseph und Fany Eleonora Dichtl durch großzügige Zuwendungen den Bau einer Schule in Eglfing – heute befindet sich das Gemeindeamt in dem 2006 restaurierten Anwesen – sowie eines Pfarrhauses. Frau Dichtl hinterließ eine Stiftung, die zur Ausbildung Eglfinger Jugendlicher verwendet werden soll. Der Ertrag hierfür reichte bis 1945…

… Im Jahr 1970 stand dem Russenhof der Abriss unmittelbar bevor. Die Restauratoren Renate und Toni Mack hatten sich lediglich ein paar Kacheln und alte Öfen ansehen wollen, sich dann aber in den verwahrlosten Hof verliebt. Sie erwarben das Abbruchhaus, und restaurierten es mithilfe eines 1980 eigens gegründeten Vereins mit einer enormen Geduld und Hingabe, und trotz erheblicher Schwierigkeiten mit der Denkmalschutzbehörde (sieh an!)…

… Im nächsten Post werde ich euch noch weitere Eindrücke von meinem Ausflug nach Eglfing zeigen… 😉


10 Antworten zu “Unterwegs im Blauen Land (4)…”

    • Na ja, wohnen tue ich in der großen Stadt München. Aber die Bilderbuchlandschaft des Blauen Landes ist nur eine etwa einstündige Zugfahrt entfernt. 😉
      Hab ein schönes Wochenende, liebe Katrin.

  1. Hier werden die alten Häuser mittlerweile abgerissen, und so trostlose Einheitsbauten hingepflanzt, das verändert irgendwie alles. Ich bewundere alle die solch alten Gebäude wieder aufbauen, ist ja wirklich schön geworden.

    • Oft wirft einem das sogenannte Denkmalschutzamt auch schier unglaubliche Prügel zwischen die Beine, wenn man sich dazu entschlossen hat, ein altes Gebäude zu restaurieren. Ich weiß das von einem Bekannten, der in meiner Heimat Berchtesgaden eine über hundert Jahre alte Villa mit einer faszinierenden Geschichte renoviert hat bzw. immer noch dabei ist. Und die Familie Mack, die den Freskenhof unmittelbar vor dem drohenden Abriss erworben hatte, kann auch so manch ein Liedchen davon singen, wie jene Behörde Menschen, die ja doch das Traditionelle gewissenhaft erhalten oder wiederherstellen wollen, das Leben schwer machen kann. 😉

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