… Wenn man aufgrund einer ernsthaften, sehr seltenen und immer noch rätselhaften Erkrankung einen nicht unerheblichen Teil seiner ursprünglichen Beweglichkeit einbüsst, und als körperlich Schwerbehinderte eingestuft wird, gibt es zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Entweder man hadert mit dem Schicksal, fühlt sich von diesem höchst ungerecht behandelt, kapselt sich ab, wird verbittert und depressiv, oder aber man setzt sich mit diesem Ungemach auseinander, akzeptiert es, versucht, das Beste daraus zu machen, und die Situation mit Humor zu nehmen. Dafür habe ich mich entschlossen, und das behagt mir, denn ich darf aufgrund dessen immer wieder die Feststellung machen, dass das Leben auch einer Behinderten noch viel Freude bereiten kann…
… Ein Schwerbehindertenausweis hat nicht nur den Vorteil, dass es Preisermäßigungen bei vielen kulturellen Einrichtungen etc. gibt, sondern auch, dass man mittels eines sogenannten Beiblatts, das pro Jahr achtzig Euro kostet, so gut wie kostenfrei sämtliche öffentliche Verkehrsmittel und Nahverkehrszüge der Bahn, des Meridian und des ALEX nutzen darf. So beschloss ich, mir einen seit vielen, vielen Jahren schon gehegten Wunschtraum zu erfüllen, und kreierte kurzerhand ein neues Hobby: das Zug-Roulette = zum Hauptbahnhof pilgern und in den erstbesten Zug einsteigen, der abfährt…
… Gestern war die Premiere meiner neuen Leidenschaft, als ich kurz vor zwei Uhr nachmittags an diesem wundervollen Vorfrühlings-Sonntag am Bahnhof eintraf, hatte ich grade noch Zeit, vor der Abfahrt in zwei Minuten im Zug meiner Wahl einen Waggon zu entern und mir ein gemütliches Plätzchen zu suchen. Die Reise ging nach: Füssen, ein kleines Städtchen am Lech, südwestlich von München, und vor allem für seine Nähe zu den beiden weltberühmten Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau berühmt…
… Noch präsentierte sich das Alpenvorland recht winterlich. Die Bahn passierte die Erzabtei St. Ottilien, einen meiner Lieblings-Kraftorte, obwohl ich nicht christlich bin, ein schönes kleines Barockkircherl nahe Kaufering, und wandte sich dann allmählich gen Süden. Nach Kaufbeuren hatte sich die etwas diesige Luft geklärt, und die Bergkette der Nordalpen präsentierte sich in voller Pracht und Herrlichkeit…
… Füssen war mir vor eineinhalb Jahren schon bei einem herbstlichen Ausflug an den Alpsee sehr angenehm aufgefallen, und ich hatte bereits damals beschlossen, diesem Ort mehr Aufmerksamkeit zu widmen, und nicht noch einmal einfach nur hindurch zu fahren. Aber – erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Und davon erzähle ich morgen… 😉