… So überschaubar das historische Zentrum dieser Südtiroler Stadt auch ist, es weist eine erkleckliche Anzahl sehenswerter Ecken, Schönheiten und auch so manch Skurriles auf. Typisch für das gut vierzig Kilometer südlicher gelegene Bozen sind die Laubengänge im Zentrum, charakteristisch für Brixen die Erker, kaum ein Haus, das nicht mindestens einen solchen und zumeist sehr dekorativen aufweist. Die kleine Stadt hat ein wohltuend entspanntes, etwas südländisch anmutendes Flair, sie ist schmuck, gar fein heraus geputzt, und sehr sauber. Und natürlich werden an Ständen und in kleinen Ladengeschäften die hervorragenden Köstlichkeiten der Region angeboten: Würziger Speck und deftige Würste, kräftige, tieftdunkle und feinfruchtige weiße Weine, rötlichbraun glänzende Esskastanien, getrocknete Pilze, feines Gebäck…
… Bereits in prähistorischen Zeiten ist die Talmulde, in die sich Brixen schmiegt, besiedelt worden. Zum erstenmal urkundlich erwähnt wurde der Ort im Jahr 828, damals nannte man ihn noch „Pressana“. Von Anfang des 11. bis Anfang des 19. Jahrhunderts war die Südtiroler Stadt einflussreicher Sitz von Fürstbischöfen und Reichsfürsten. Im Mittelalter wurde Brixen durch drei Feuersbrünste verheert, und im Jahr 1525 durch den sogenannten Bauernkrieg. 1802 fiel Brixen an Österreich, drei Jahre später an Bayern, 1814 wieder an Österreich, und 1919 zusammen mit Südtirol an Italien…
… Die ungeliebte Allianz mit den Italienern treibt die Südtiroler nach wie vor um, obwohl in der Provinz seit 1972 weitgehend Autonomie herrscht. In den Städten würde man davon so gut wie gar nichts mitbekommen, erzählte mir eine junge Einheimische, die während einer meiner Genusspausen auf dem Brot- und Strudelmarkt neben mir an einem der langen Biertische in der warmen Herbstsonne Platz genommen hatte. In den kleineren Dörfern jedoch sei immer noch alles Italienische verpönt, dort müsse man durchaus mit Anfeindungen rechnen, wenn man als Südtiroler einen italienischen Ehepartner wählen, oder z. B. die eigenen Kinder in italienisch-sprachige Kindergärten und Schulen schicken würde, auch wenn diese leichter zu erreichen seien oder das bessere Bildungsangebot haben würden…
… Ist das nicht schade, dass man nicht einfach vorurteilsfrei und friedvoll miteinander leben kann? Wo es doch so viele ungezählte schöne Dinge zu sehen und gemeinsam zu genießen geben würde…