Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Wann ich hier rauskommen werde,…

… ist noch völlig ungewiss. Eigentlich war ja ein Krankenhausaufenthalt von fünf Tagen geplant gewesen, inzwischen bin ich schon seit zehn Tagen hier, und ein definitives Ende ist nicht in Sicht. Auch wenn meine Zimmergenossinnen, denen es ähnlich ergeht wie mir, und ich äußerst dankbar dafür sind, dass man sich seitens des Friedrich Baur Instituts unser so gründlich annimmt, und alles, aber auch wirklich alles untersucht, die Medizinische Klinik ein gutes Krankenhaus ist, und man sich viel Mühe mit uns gibt – wenn immer wieder ein Entlassungstermin in Aussicht gestellt, und dann quasi in letzter Sekunde verschoben wird, weil man doch noch dieses und jenes genauer anschauen und erforschen will, dann nervt das irgendwann…

… Inzwischen sind wir Drei aber ein eingespieltes Team, das nach Leibeskräften versucht, die negativen Dinge mit Humor zu nehmen und wegzulachen. So haben wir jenen Mitmenschen, mit denen wir im Klinikum tagtäglich zu tun haben, Spitznamen verpasst. Einige davon haben sich bereits herum gesprochen und für Heiterkeit gesorgt…

… Frau Doppeldoktor zum Beispiel, die wird mittlerweile auf der ganzen Neuro-Station nur mehr so genannt. Wir kamen auf den Namen, weil die sehr nette, ruhige und freundliche Ärztin zwei Doktortitel ihr Eigen nennt. Zuerst studierte sie Humanbiologie, begann dann aber nach einigen Jahren ein weiteres Studium. Sie habe genug davon, ihre Patienten/innen immer nur scheibchenweise unter dem Mikroskop zu sehen, nun würde sie sich zu gerne mit den kompletten Menschen abgeben. Jetzt ist sie Neurologin und alle, Patienten/innen und die Leute vom Krankenhaus gleichermaßen, lieben sie…

… Keineswegs sympathisch finden wir dagegen eine recht junge und wohl auch ehrgeizige Ärztin, die von uns Dreien vom Zimmer 23 „Unser Kleiner Liebling“ genannt wird. Sie ist sehr arrogant, stolziert einher, als würde sie sich vorkommen wie eine Halbgöttin in Weiß, und behandelt Patienten/innen und die Leute von der Pflege verbal manchmal wie den letzten Dreck. Wir wünschen durchaus, dass sie mal so richtig auf die Schnauze fällt und eine ordentliche Lektion verpasst bekommt. Ganz sauer stößt uns immer auf, dass sie sich bei Visiten so unangenehm beim netten, warmherzigen und humorvollen Professor Sch. – von uns wegen seines Vornamens „Papa Bene“ genannt – einschleimt. Aber wir haben etwas gegen sie in der Hand: Vor einer Woche hat sie einer meiner früheren Zimmergenossinnen eine Blutprobe für einen Gentest abgezapft und das Röhrchen dann zerstreut in den Mülleimer geworfen. Sollte „Unser Kleiner Liebling“ uns gegenüber noch einmal aufmüpfig werden, dann verpfeifen wir sie beim Professor Sch….  😉

… „Die Klinikzeitung“ ist die agile, ungemein temperamentvolle, witzige und gescheite Chef-Pflegerin unserer Station. Wenn ihr eine Laus über die Leber läuft, und sie sich mal für ein Weilchen abseilen möchte, dann besucht sie uns, und erzählt uns den neuesten Tratsch der Abteilung M2. Nicht nur deshalb hat sie bei uns einen dicken Stein im Brett, mit ihr kann man auch herrlich albern sein und herum blödeln…

… „Unser Kleiner Sonnenschein“ ist eine schon ältere, kleinwüchsige, grauhaarige Pflegerin, die fast immer schlechte Laune hat, und rechts von links nicht zu unterscheiden weiß, was dazu führte, dass eine meiner Bettnachbarinnen eine halbe Stunde lang durch das riesige Klinikgebäude irrte, weil sie vom Kleinen Sonnenschein instruiert wurde, am Lift im Erdgeschoss nach rechts zu gehen anstatt korrekterweise nach links. Überhaupt – die Ortskenntnisse so mancher Beschäftigten hier! – Aber davon werde ich ein andermal erzählen…

… „Der Schöne John“ wird von der „Klinikzeitung“ zum Blutdruckmessen, Servieren und Abräumen der Mahlzeiten geschickt, wenn sie merkt, dass wir einen moralischen Durchhänger haben oder uns wieder mal über etwas ärgern. „Da habt ihr dann wenigstens was Erfreuliches fürs Auge.“ Der „Schöne John“, ein hochgewachsener Jüngling mit leicht asiatischem Einschlag, ist auch in der Tat eine Augenweide. Obwohl ich eher auf den Chr. stehe, der ist so sanft, und behutsam, und strahlt so eine wohltuende Ruhe aus…

… Unser absoluter Liebling aber ist der „Doktor Singapur“! Er ist Fünfundzwanzig, stammt aus dem asiatischen Stadtstaat, hat ein Stipendium für die Ludwig-Maximilians-Universität in München bekommen, und will hierbleiben. Er würde sich in Bayern sehr wohl fühlen, habe inzwischen auch nur deutsche Freunde, seine Lebensgefährtin sei eine Einheimische, und außerdem würde er von Herzen gerne etwas von dem zurückgeben, was man ihm während seines Studiums hat zukommen lassen. „Ich habe hier nur etwa 500 Euro für’s Semester bezahlt. In meiner Heimat hätte ich für mein Studium an die 200.000 Euro hinblättern müssen.“ Zuerst hätte er sich schon für die Neuro interessiert, meinte er, aber nach einem Jahr sei ihm das zu langweilig geworden, Kardio würde er viel spannender finden. „Doktor Singapur“ hat einen so umwerfend herrlichen, kindlichen und goldigen Humor! Heute früh hat er meiner Bettnachbarin und mir Zugänge gelegt, weil wir jetzt einige Tage lang Infusionen bekommen, und wir haben in dem viel zu kurzen halben Stünderl, das er bei uns zugebracht hatte, Tränen gelacht…

… Nun werde ich mein vom Klinikalltag – Schlafen, Essen, Trinken, Lesen, Surfen im WWW, und etwas Herumspazieren – müdes Haupt aufs Kissen betten. Ich wünsche euch einen unbeschwerten und schönen Sonntag!…


48 Antworten zu “Wann ich hier rauskommen werde,…”

    • Ich könnte über diese mittlerweile elf Tage hier ein Buch schreiben, das kannst du mir glauben. 😉 Das Beruhigende ist, dass es trotz so mancher Pleiten, Pech und Pannen langsam aber stetig voran zu gehen scheint…
      Ich gebe mein Bestes – und habe bei meinen Zimmergenossinnen schon viel Werbung für die nächste LaHo gemacht. 😉

  1. Liebe Margot, schön, dass Du den Kopf nicht hängen lässt und das beste aus der Situation machst und fröhlich und vergnügt bist. Trotz allem. Ich halte Dir weiterhin die Daumen. Zum Glück 🍀 hast Du ja nette Gesellschaft und das ist sehr gut. Aber ein klein wenig wird das ja wohl auch an Dir liegen, oder? Halt Die Ohren steif und bleib optimistisch. 😉 ✊ liebe Grüße Hedwig

  2. Wir wünschen dir auch einen wunderschönen Sonntag, obwohl du ja nicht zu Hause bist🚑.
    Unser , bzw. meiner, wird auf jeden Fall schön. ich bekomme heute Besuch…
    Und die Spitznamen sind nett…
    Meiner ist Ina-Huhn😉

    • Danke schön! 🙂 Meine Zimmergenossin G. und ich werden uns heute nach dem Mittagessen einen schönen Tag machen und eine Stadtrundfahrt unternehmen. 🙂
      Deinen Spitznamen finde ich goldig. ♥
      Ich wünsche dir viel Freude mit deinem Besuch.

  3. Wie immer sehr spannend geschrieben. Man mag nicht aufhören zu lesen. Einen erholsamen Sonntag wünsche ich Dir und viel Spaß bei der Stadtrundfahrt.

  4. Sehr humorvoll schilderst du Ärzte und Schwestern. Können die in deinem blog lesen? Wäre eigentlich sehr nett und für das wenige Ärgerliche auch wohl heilsam.

    • Nein, nein, die können hier nicht mitlesen. 😉 Aber vielleicht fasse ich, sollte ich jemals wieder nach Hause kommen 😉 , meine Texte zusammen und maile sie hierher.

  5. .. wie wäre es eigentlich mit schreiben? Wenn du schon mal Zeit hast und nicht unerzogene Touristen davon abhalten musst, in der Residenz alles anzugrabbeln.

  6. Hey, Sie haben sich ja schon voll eingelebt. LOL Genießen Sie die Zeit, und passen Sie bloß auf, dass Sie nicht plötzlich bei uns hier gegenüber aufwachen.
    Echt wahr: Vor einigen Tagen traf meine Mutter auf der Strasse vor unserem Haus eine Frau mit Rollator. Als sie sich mit dieser unterhielt wurde sehr schnell klar, dass diese gar nicht nach Eslarn wollte, aber nach einem Krankenhausaufenthalt sich plötzlich nicht mehr in derem früheren Wohnheim in Weiden/ Opf. sondern eben hier im Wohnheim befunden hatte. Mit einigem Widerwillen teilte sie meiner Mutter mit, dass sie „hier auf keinen Fall bleiben würde“. Was nicht nur ich sehr gut verstehen kann. 😉
    Beste Wünsche zum Sonntag auch Ihnen. LG Michael

    • Also, gegen einen Besuch bei euch in Eslarn hätte ich nichts einzuwenden, aber möglichst nicht im Rollstuhl, und nicht als „Gast“ im Wohnheim. 😉
      Nächster angedachter Entlassungstermin wäre der Dienstag, das habe ich vorhin erfahren. Aber mittlerweile bin ich vorsichtig geworden, und mache mir nur sehr verhalten Hoffnungen. 😉

      • Das Erste werden wir mal arrangieren, wenns bei uns wohnlicher aussieht. Versprochen! Das Weitere wollen wir mal hoffen, und warten gespannt auf Ihren „Montagsbericht“. 😉 LG Michael

  7. Ist natürlich nervig, wenn man sich auf eine Entlassung einstimmt und in letzter Sekunde wird alles abgeblasen.
    Aber viel wichtiger ist es doch, dass sich gut gekümmert wird, denke ich.
    Gerade bei so seltenen Erkrankungen gibt es leider viel zu untersuchen.

    Ich hab mich schlapp gelacht über eure Spitznamen, die auf jedenfall sehr treffend sind 😉

  8. Also was den Entlassungstermin angeht, erinnere die Leitung mal daran, dass in 5 monaten Weihnachten ist 😆
    Naja, da habt ihr ja einen komischen Haufen im Krankenhaus… zumindest habt ihr auch noch was zu lachen. Das ist wichtig 🙂

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