Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Noch ein Fundstück…

… aus längst schon vergangenen Bloggertagen. Dies ist eine Geschichte, die mir irgendwie ganz besonders am Herzen liegt. Vielleicht weil mir das Schreiben seinerzeit sehr viel Freude bereitet hat…   😉

… Der Ulukl, der Grottenmolch vom Donaudurchbruch…

… ist ein legendäres und sagenumwobenes Wesen aus längst vergangenen Tagen. Dazu gibt es folgende G’schicht:…

… Vor ungezählten Jahren lebte am Ufer des großen Stromes, der als Mutter aller Flüsse galt, unweit der schroff verwinkelten Biegung, wo die Felswände sich zu beiden Seiten lotrecht auftürmten, das Flussbett verengten und umklammerten, so daß die Wassermassen wild brausend und gischtend und gefährlich für Mensch und Tier dahin schossen, ein recht seltsames Wesen. Es maß ungefähr zweimal die Länge eines ausgewachsenen Mannes, hatte  vier verkümmerte Gliedmaßen, eine blasse, beinahe durchscheinende Haut und einen eigentümlichen Klumpkopf mit einem breiten Maul, kleinen Nüstern, die sich verschließen konnten, und sehr, sehr großen, tiefdunklen, sanft glänzenden Augen. Das sonderbare, scheue, aber überaus friedvolle und gutartige Geschöpf pflegte sich von Ratten, Mäusen, kranken und gebrechlichen Wildtieren, sowie an Land gespülten, verendeten Fischen zu ernähren. Es wurde von den Menschen der umliegenden Weiler „Ulukl, der Danuba-Molch“ genannt und sehr verehrt, zur Sommer- und Wintersommerwende wurden ihm stets üppige Opfergaben dargebracht, Feldfrüchte, Obst, Brot, süße Spezereien, frisch geschlachtetes Vieh. Die Schutzgötter der Flure, Wälder und der Großen Mutter Fluss hatten dem Ulukl fürsorglich eine Handvoll Zwerge zur Seite gestellt, die über eine unglaubliche Körperkraft verfügten, sie konnten mit einer ihrer kleinen Hände ohne jegliche Anstrengung einen ausgewachsenen Ochsen in die Höhe stemmen. Wenn sie an ihren lang über den Rücken fallenden Zipfelmützen drehten, verwandelten sie sich im Nu in eine verwegene Reiterschar, die „Hauzemannreiter“, welche auf riesigen, schwarzglänzenden Rössern mit feurig glosenden Augen einher preschten und zwielichtigen Menschen das Fürchten lehrten…

… So lebten sie lange, lange Zeit in guter und naturverbundener Ordnung miteinander, die Dörfler, die Gottheiten, als deren Mittler der Ulukl angesehen wurde, die Vielfalt der Zauberwesen, die dieser und der Anderwelt entstammten. Eines Tages kam eine befremdlich wirkende Schar Männer des Weges. Sie waren in schlichte, dunkelbraune Kutten gekleidet, trugen grobe Sandalen an den bloßen Füßen, hatten sich inmitten des Haupthaares eine kahle Stelle geschoren und auf ihren Oberkörpern baumelten hölzerne Kreuze, von schmucklosen Schnüren gehalten. In unmittelbarer Nähe der tosenden Klamm erbauten sie, beschattet von den hoch und zerklüftet in den Himmel ragenden Felswänden, eine stattliche Klause, begannen, Felder zu bestellen, zu gärtnern und Bier zu brauen – und zu predigen. Sie sprachen lang und viel von ihrem Buch der Bücher und von dem einen, dem alleinigen, dem wahren Gott. Anfangs fanden ihre Worte unter den Einheimischen kaum Gehör, wußte seinerzeit doch bereits ein jedes Kind, daß ein einzelnes Geschöpf, egal, ob Mensch, Tier, Gottheit oder Fabelwesen, nur in der Vielheit seiner Erscheinungen Bestand haben kann, ein einziger Allmächtiger erschien ihnen öde, blass, unwirklich, schwach, nicht nachvollziehbar…

… Auch vom Bösen berichteten die neuen Nachbarn gerne, vom Satan, vom gefallenen Engel Luzifer, von all den verwerflichen, düsteren, unmoralischen, heidnischen Sünden, deren sich der Mensch beinahe unablässig schuldig machen würde. So riefen sie unter ihren Zuhörern allmählich Beklemmung, Unsicherheit und Schuldbewußtsein hervor. Ihr Zorn, ihre Häme richtete sich zunehmend gegen Ulukl, den Danuba-Molch. Er sei eine Kreatur des Satans, eine Ausgeburt des Teufels, in seinen schwarzen Lichtern würden die verzehrenden Feuer der Hölle glühen und seine bleiche, filigran geäderte Haut sei ein Sinnbild der Sündhaftigkeit. Schließlich gelang es den seltsamen Gottesmännern, viele Dörfler gegen ihn aufzuhetzen. Als sich am Tage der nächsten Sommersonnenwende der Ulukl aufmachte, um seine Opfergaben in Empfang zu nehmen, hatten sich die Männer und Burschen des Weilers mit Steinen bewaffnet, brüllend und schimpfend begannen sie eine wilde, blindwütige Jagd auf das schier wehrlose Geschöpf. Der Molch hätte mit Sicherheit das Zeitliche gesegnet, wenn ihm nicht die treu ergebene Schar seiner Kraftprotz-Zwerge zur Seite gestanden wäre. In letzter Sekunde konnte so der Ulukl in eine tiefe, geräumige Höhle entkommen. Nachdem sich die Zwerge mit einer Drehung ihrer Zipfelmützen in die gefürchteten Hauzemannreiter verwandelt und die Horde aufgebrachter Menschen in sämtliche Himmelsrichtungen versprengt hatten, stemmten sie sich mit vereinter Muskelkraft so lange gegen die Felsen des Höhleneinganges, bis nurmehr ein sehr schmaler, finsterer Spalt verblieb. Und darin fristet nun der Ulukl seitdem sein Leben. Nur, wer reinen Herzens ist, wer den ungezählten Stimmen der Natur zu lauschen, sie zu verstehen vermag, wer an Feen, Elfen und Geister glaubt, an die Zauber und Wunder dieser und der Anderwelt, dem kann es bisweilen widerfahren, daß sich ihm der Danuba-Molch offenbart. Wer einmal die zarte Haut des Ulukl berühren durfte, und sei es auch nur mit einer Fingerspitze, wird von Glück, Seligkeit und Wohlergehen gesegnet sein bis ans Ende seiner Tage…

 


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