Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Das Leben…

… gleicht mitunter einem wilden Ritt. Dann wird man von seinem ungebärdigen Ross in hohem Bogen abgeworfen und stürzt ohnmächtig auf den harten Boden. Benommen sortiert man seine Knochen, richtet sich vorsichtig auf, sieht sich um, langsam klärt sich der durch den Sturz getrübte Blick. Man klopft sich den Staub ab, setzt sich den Hut auf, strafft den Rücken und macht sich auf, den tückischen Gaul einzufangen, der zum Glück nur wenige Meter entfernt scheinbar friedlich grast, einem dabei aber immer wieder niederträchtige Blicke zuwirft. Man greift nach den Zügeln, schwingt sich zittrig in den Sattel, und setzt sich behutsam zurecht…

… Die vergangenen Tage seit der niederschmetternden Diagnose vom Montag, 8. Mai, waren die bislang härtesten meines Lebens. Der Befund einer nicht heilbaren und beständig fortschreitenden Myopathie hat mich ganz gehörig durcheinander gewirbelt und phasenweise die dunkelsten Facetten meiner Seele nach oben gekehrt. Dass ich mich nicht arbeitsunfähig hatte schreiben lassen, sondern eisern darauf bestanden hatte, weiterhin wie gewohnt meinem Job nachzugehen, hat sich als völlig richtige und zudem noch ausgesprochen hilfreiche Entscheidung erwiesen. Die manchmal schier überwältigende Schönheit der Residenz, das Ebenmaß, die künstlerische Vollkommenheit ihrer vielen Räume, sowie die Begegnung mit ungezählten interessanten Menschen aus aller Welt, ihr Staunen, ihre Freude, die Gespräche mit ihnen und meinen Kollegen/innen, das Lachen, die Vertrautheit – das alles hat mir Kraft gegeben und mich durch diese harte Woche getragen. Ich bin körperlich im Dienst so manches Mal an meine Grenzen gegangen – und auch das hat mich innerlich gestärkt…

… Schlimm wurde es immer dann, wenn ich nach Feierabend die leere Wohnung betrat. Dann kamen sie, die düsteren Schemen, stürzten auf mich ein, verdunkelten mir oft genug den Geist. Die ersten vier Nächte nach der Diagnose hatte ich so gut wie gar nicht geschlafen, jeden Morgen, wenn ich mich aus dem Bett gequält hatte, überkam mich die Versuchung, in die neurologische Praxis zu gehen und mich doch noch aus dem Verkehr ziehen zu lassen. Aber ich widerstand…

… Im Auftrag des Neurologen, der mittlerweile seinen wohlverdienten Urlaub genießt – und mich gestern leider doch nicht in der Residenz besucht hat – bemüht man sich in der Praxis sehr um eine möglichst baldige Aufnahme im Friedrich-Baur-Institut für Muskelerkrankungen. Man geht davon aus, dass sich dieses nach Überprüfung des zugesandten, gründlichen Berichts, der Untersuchungsergebnisse und Blutwerte mit mir in Verbindung setzen wird. Sollte dies bis zum Ende der Woche nicht der Fall gewesen sein, dann wird man noch einmal nachhaken. „Machen Sie sich keine Sorgen, Frau I., wir werden Sie ganz ganz bestimmt nicht vergessen!“, versicherte mir die Sprechstundenhilfe während ihres Anrufs heute morgen…

… Heute habe ich frei, und da werde ich es mir trotz des herrlichen Maiwetters in der Bude gemütlich machen, alle Viere von mir strecken, und mich auf die Verona-Reise vom 22. bis 25. Mai vorbereiten. Reisen, eine neue, wunderschöne Stadt in Bella Italia erkunden, mich verwöhnen lassen, auf andere Gedanken kommen – das ist genau das, was ich jetzt grade bitterlichst nötig habe…

… Gestern früh hat sich einer der Glückslöwen am Eingang zum Kapellenhof der Residenz als Rosenkavalier entpuppt. Wenn das kein gutes Zeichen ist…   😉


59 Antworten zu “Das Leben…”

    • Danke! 🙂 Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass man eines nicht mehr fernen Tages Mittel finden wird, um Myopathien heilen zu können… Obwohl diese Krankheit sehr selten ist, gibt es von ihr sehr viele Variationen. Bei den leichteren hat man mit regelmäßigen Infusionen künstlich generierter Botenstoffe, welche die „Befehle“ von den Nerven an die Muskeln weiterleiten, bereits vielversprechende Erfolge erzielt…
      Langsam ergreift mich zum Glück das Reisefieber – ein schönes Gefühl! 😀
      Herzliche Maigrüße! ♥

  1. Liebe Frau Ilgner,

    von Herzen wünsche ich Ihnen, dass Sie sich weiterhin Ihre positive und sonnige Sicht auf alle Dinge erhalten, ebenso Ihren Mut und Kampfgeist.
    Ich kann sehr gut nachfühlen wie es Ihnen gerade gehen muss, meine Tante bekam Anfang der 2000er Jahre eine ganz ähnliche Diagnose.
    Auch muss ich gestehen, dass ich mich auf jeden neuen Blogeintrag von Ihnen sehr freue.
    Die Kraft und bildhafte Sprache Ihrer Worte berühren mich jedes Mal sehr.

    Herzliche Grüße und warme Sonnenstrahlen aus Bamberg sende ich Ihnen. ❤

    • Ich danke Ihnen so sehr für Ihren wunderschönen Kommentar, und Ihre guten Wünsche. ♥
      Ganz liebe Grüße aus dem sonnigen München nach Bamberg!

      • Haben Sie vielen lieben Dank für Ihre herzlichen Grüße, ich habe mich sehr darüber gefreut!🌻
        Ach hoffe ich, dass meine Email nicht allzu erschlagend auf Sie gewirkt hat, leider neige ich dazu, gerne sehr lange Briefe / Emails zu schreiben.
        Sollte es zuviel gewesen sein, möchte ich mich in aller Form bei Ihnen entschuldigen. Das war nich meine Absicht!🌹

          • Ich habe Ihnen eben auf Ihre liebe Email geantwortet, vielen Dank dafür. 🙂
            Freue mich bereits sehr wieder von Ihnen lesen zu dürfen und sende Ihnen bis dahin die besten Grüße aus der Barockstadt Bamberg.

            • Ich bin immer noch nicht ganz überzeugt. 😉 Aber das haben Geschichten, wie Sie sie mir geschildert haben, so an sich, dass sie Unglauben wachrufen. Ich hoffe, ich habe Sie mit meinen Zweifeln nicht gekränkt.
              Liebe Grüße!

              • Guten Morgen,

                leider muss ich sagen, dass mich Ihr Unglauben doch kränkt, da ich Ihnen durch die zugesendeten Fotos gezeigt habe, dass ich die Wahrheit gesagt habe. Ich habe es nicht nötig, Geschichten zu erzählen. Meinen Mitmenschen bin ich als wahrheitsliebend, sogar manchmal als gnadenlos ehrlich bekannt.
                Bitte, fragen Sie Ihren Kollegen. Er wird meine Worte bestätigen.

                Viele Grüße und einen schönen Tag,

                Rosengarten

                • Ich werde meinen Kollegen nicht fragen. Am 1. Mai war in der Residenz verdammt viel los, wir hatten eine überdurchschnittliche Menge an Besucher/innen, und waren unterbesetzt. Ich denke nicht, dass sich auch nur ein einziger von uns nach gut zwei Wochen noch explizit an bestimmte Besucher, Gespräche etc. jenes Tages erinnern kann. Im Laufe eines solchen Tages verschmelzen die Personen, die an einem vorbei ziehen, die Fragen haben, sich mit uns unterhalten. Nur selten bleibt uns jemand ausdrücklich im Gedächtnis. Das ist nicht despektierlich oder böse gemeint, das ist halt einfach so, wenn man neun Stunden am Tag aufmerksam und konzentriert die Leute beobachtet.
                  Einen schönen Abend wünsche ich!

  2. Sehr gut geschrieben, liebe Margot – mir geht es ähnlich! Ich wollte dir gerade vorschlagen, uns diese Woche mal zu treffen, weil ich noch in Urlaub bin. Heute hab ich allerdings schon zwei Arzttermine, die ich aus von dir sicher nachvollziehbaren Gründen, in meine Urlaubswoche gelegt habe.
    Gerade warte ich auf die 17er Tram, die wegen Fahrtwegstörung unterbrochen ist … Business as usual 🙄
    Herzliche Grüße
    Renate

    • Wie wär’s, wenn wir uns Abends nach Feierabend mal in der Pfälzer Weinstube treffen würden? Die ist ja umgezogen, und jetzt am Eingang zum Kapellenhof zu finden. Ich arbeite den Rest der Woche in der Residenz bis einschließlich Sonntag durch – hab‘ heute nur einen freien Tag. 😉
      Ach, die 17-er Tram ist auch so ein Kapitel für sich, da gibt’s alle Daumenlang Fahrtwegstörungen. :-/
      Hab trotzdem einen möglichst guten Tag, liebe Renate!

  3. Mal ein paar Tage ausspannen, abschalten, den Alltag vergessen. Das kann Wunder wirken. Lasse die Seele baumeln und genieße die Tage. Ich gönne es Dir.

    • Bislang hatte ich den Kopf ja überhaupt nicht frei, um mich darauf freuen zu können. Nun aber haben mich doch Vorfreude und Reisefieber gepackt…
      Ich werde es mir in jedem Falle schön machen.
      Vielen Dank, und herzliche Grüße!

  4. Ich habe unheimliche Hochachtung vor dir! Ich wünsche dir viel Kraft und Mut, weiter zu kämpfen! Und mir eine Scheibe deiner unerschütterlichen Liebe zum Leben. 😉 Alles Gute für dich!

  5. Aus tiefstem Herzen alles alles Gute und Vertrauen in die ärztliche Kunst! Freu dich auf Verona, eine wunderschöne – und nicht zuletzt Münchner Partner-Stadt. Im Laufe meine Lebens war ich immer wieder da, auch mehrmals in der Arena bei genialen Aufführungen. Hier ein Link zu meinem Blog, als Renate und ich vor einigen Jahren von München nach Venedig gelaufen sind:
    https://laendersammler.com/2015/08/06/die-wanderung-von-muenchen-nach-venedig-rueckblick-21/

    • Ich weiß, dass ich ärztlich in verdammt guten Händen bin, dass ich vor gut sechs Wochen in dieser neurologischen Praxis gelandet bin, war ein Glückstreffer sondergleichen. Dorthin wäre ich allerdings nie geraten, wenn mir mein hervorragender Wirbelsäulen-Spezialist diese nicht empfohlen hätte. Und den Wirbelsäulen-Spezialisten hätte ich nie kennen- und schätzen gelernt, wenn mir mein wunderbarer Orthopäde, der mir vor zwei Jahren so hervorragend das künstliche Hüftgelenk eingesetzt hat, nicht geraten hätte, mich an ihn zu wenden. 😉
      Ich durfte vor vielen Jahren zusammen mit meinem Vater eine Vorstellung von „Nabucco“ – unser beider Lieblingsoper – besuchen – es war so wunderschön! Der Gefangenenchor musste fünfmal wiederholt werden, weil das Publikum einfach keine Ruhe geben wollte vor lauter Begeisterung. Zuerst hatte es in den Bergen bedrohlich nach Unwetter ausgesehen, doch alle Wettergötter hatten ein Einsehen, und die finsteren Wolken weggeblasen…
      Danke für den Link, lieber Wolfgang, und herzliche Grüße an dich und Renate. ♥

      • Wir sollten mal persönlich Kontakt aufnehmen. Ich habe nämlich einen Freund, der seit Jahren mit einer ähnlichen oder vielleicht sogar der gleichen Krankheit kämpft. Vielleicht hilft ihm deine Info weiter. Alles Gute: „Hinfallen, aufstehen, Krönchen aufsetzen, weiter machen“!

        • Unbedingt, lieber Wolfgang! Ich schicke dir in Bälde eine Mail mit Adresse, Klarnamen und Telefonnummern, dann können wir uns miteinander in Verbindung setzen…
          Ich habe meinen wilden Lebensgaul schon wieder geentert, und zur Zeit die Zügel ziemlich fest in der Hand. 😉

  6. ich denke, du machst genau das Richtige. Nicht den Kopf haengen lassen, sondern immer auf besser hoffen und weitermachen. Fein, dass du eine Reise nach Italien vor dir hast. Das gibt dir immer wieder Kraft und Freude. Alles Liebe und lass dich nicht unterkriegen.

    • Ich lache in letzter Zeit sehr viel und sehr gerne, und habe mit den Besuchern, aber vor allem mit meinen Lieblingskollegen/innen in der Residenz viel Spaß. Eines meiner Lebensmotti heisst „Lachen ist die eleganteste Art und Weise, dem Schicksal die Zähne zu zeigen“. 😉
      Herzlichst! ♥

  7. Ich wünsche dir eine gute Reise, ein Kräfte-Tanken, Tapetenwechsel und den inneren Frieden, dass du mit der Situation klarkommen kannst.

    Herzliche Grüße zu dir!

  8. Du machst das genau richtig, du fährst in dein geliebtes Italien. Und vielleicht klappt es auch nochmal und du besuchst mich in Leipzig.
    Liebe Grüße von der Gudrun.

  9. Ach schade, dass Du so weit weg wohnst. Mit Dir würde ich gerne mal plaudern. Du hast so viele Dinge angesprochen, die ich auch fühle oder gut finde, und der Gefangenenchor war schon seit meiner frühesten Kindheit mein Lieblingsstück. Weinen tue ich auch nur wenn ich alleine bin. Und seit mein Mann tot ist, passiert das laufend.
    Gut, dass Du zur Arbeit gegangen bist und auch die schönen Fotos alle geknipst hast. So wirst Du abgelenkt und fällst nicht in ein tiefes Loch.
    Und Du erfreust mit Deinem Blog viele andere Menschen. (Willst Du glücklich sein im Leben, trage bei zu andrer Glück.Denn die Freude die wir geben, kehrt ins eigene Herz zurück)
    Mir gibt Dein Blog im Moment viel Kraft…
    Schönen Urlaub wünscht Dir
    Ingrid

    • Ich denke mal, dass wir uns gut verstehen würden, und uns so viel zu sagen hätten. ♥
      Es tut mir sehr leid, dass dein Mann tot ist. Einen geliebten Menschen zu verlieren ist das Schrecklichste, was einem widerfahren kann…
      Ich danke dir, liebe Ingrid, und grüße dich herzlich. ♥

  10. Wunderbar Itlalien. Hab es schön und lass dich nicht runterziehen. Es wird immer werden. Vor allem schreibe, das nimmt viel Last und lässt so einiges klarer sehen

    • Nachdem ich letzte Woche noch in meinen finstersten Momenten mit dem Gedanken gespielt hatte, die Reise zu stornieren, steigt mittlerweile stündlich die Vorfreude. Verona ist jetzt genau das, was ich bitter nötig habe.
      Hab grad einen Anruf erhalten, dass ich am 7. Juli einen Termin im Friedrich-Baur-Institut für Muskelerkrankungen haben werde. Das ging wider Erwarten erstaunlich fix. Einer unserer Kastellane hat mir Gutes über dieses Institut berichtet…
      Da ich immer noch gelegentlich von romantischen Träumereien „heimgesucht“ werde, trage ich mich ab und zu (nicht ganz ernst 😉 ) mit dem Gedanken, eine richtig schön verkitschte und schmalzige Arzt-Schmonzette zu schreiben. :mrgreen: Wäre „Neuland“, hab‘ ich noch nie gemacht. 😉

  11. Ich habe keine Ahnung vom medizinischen Aspekt von Muskelerkrankungen. Aber ich bin sicher, dass sich deine positiven Stimmungen gut auswirken werden. Wie gut, dass du dich so an der Schönheit der Residenz erfreuen kannst und die Vorfreude auf Verona hilft bestimmt auch. Das ist eine wunderbare Stadt.
    Liebe Grüße 🙂

    • Ich habe versucht, mich während der vergangenen Wochen etwas zu informieren. Das ist aber alles andere als einfach, weil ich ja noch nicht weiss, welchen Typus von Myopathie ich in mir trage…
      Ich bin mir ganz sicher, dass ich meine jetzige Lage bei weitem nicht so gut meistern könnte, wenn ich den Zauber der Residenz nicht hätte… Und Verona – da bin ich schon am Köfferchen packen, und das Reisefieber steigt nun von Stunde zu Stunde. 😉
      Herzliche Grüße!

  12. KOMODO, piazetta Pescheria 13 A – Falls es diese ‚Bar‘ noch gibt … wir waren damals begeistert: klein, nur Einheimische, der beste Prosecco Oberitaliens und Knabbereien dazu, kleine Köstlichkeiten, anscheinend selbst gemacht.

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