… Auf meinen vielen Touren durch den Alten Nördlichen Friedhof ist mir schon vielerlei untergekommen, aber ein zwischen den alten Grabsteinen und -kreuzen mit dem Florett fechtendes Pärchen bislang noch nicht…
Glück ist die Summe schöner Momente
… Als der Hopp-on-Hopp-off-Touri-Bus am ersten Tag meiner Veronareise mit mir auf dem offenen Oberdeck nahe der romanischen Kirche St. Zeno um eine Ecke bog und gemächlich eine Uferpromenade an der Etsch entlang tuckerte, staunte ich nicht schlecht. Ich hatte ja nicht die geringste Ahnung gehabt, dass es in Verona eine so riesengroße Burg gibt! Ich konnte den nächstgelegenen Halt kaum erwarten, und wäre beim Aussteigen ums Haar auf der sehr schmalen und steilen Treppe ins Foyer des Busses ins Stolpern geraten vor lauter Ungeduld. Ich bändigte meine vor Schreck leicht zitternden Knie und strebte wissensdurstig den altehrwürdigen Mauern entgegen…
… Die imposante Festung wurde in den Jahren 1354 bis 1356 im Auftrag des Skaligerfürsten Cangrande II. della Scala erbaut worden, der sich nach einer Revolte seines Halbbruders Fregnano im Inneren Veronas nicht mehr sicher fühlte. Wichtiger Bestandteil der Burg war eine Brücke, die als Fluchtweg in den Norden gedacht gewesen war. Nach dem Sturz der Scaliger (ein mittelalterliches, veronesisches Herrschergeschlecht) führte das wuchtige Gemäuer ein sehr wechselhaftes Dasein: Die Venezianer nutzten es als Festung und Lagerhaus, den französischen und österreichischen Besatzern diente es als Kaserne. Im Jahr 1923 trat der italienische Staat das Nutzungsrecht an die Stadt Verona ab, anschließend erfolgten massive Umbauten, um die Burg als Museum nutzen zu können. Bei der Neugestaltung orientierte man sich an Palazzi der Renaissance. Die Brücke – Ponte Scaligero – wurde im Jahr 1945 von den Nazis gesprengt, in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts allerdings originalgetreu restauriert…
… In den zahlreichen, teilweise ineinander verschachtelten Räumen des Museumstraktes wird hauptsächlich Veroneser Malerei von der Gotik bis ins 17. Jahrhundert gezeigt. Man könnte mit Schauen und Staunen ganz leicht einen ganzen Tag dort zubringen…
… Ich war allerdings weniger an den Kunstwerken interessiert als an der Burg als solches. Und da kam ich voll auf meine Kosten! Der lange Rundweg über diverse Wehrgänge und Burgmauern bis hoch hinauf in den sogenannten Uhrenturm ist schon eine ganz ordentliche Schinderei gewesen, dank stabiler Geländer und meistens nicht allzu hohen Stufen waren meiner Neugierde aber zum Glück keine Grenzen gesetzt…
… Ein sehr beeindruckendes Kunstwerk ist das Reiterstandbild des Cangrande (Francesco) della Scala, der “lächelnde Ritter”. Ursprünglich stand diese Statue auf dem Areal der Skaligergräber, nachdem ein Blitzschlag sie zu Boden geschleudert hatte, wurde sie ins Castelvecchio verlegt. Berühmt wurde das trotz seiner ruhenden Pose sehr dynamisch wirkende Standbild wegen des spöttischen Lächelns des Ritters. Dieses gilt als Selbstbehauptung gegen die seinerzeit daseinsfeindliche Lehrmeinung des Klerus, der sich das Bild von Tod und Verwesung als Abschreckung gegen die Versuchungen und Genüsse des Lebens zu eigen gemacht hatte…
… Ganz niedlich finde ich ja den kleinen Drachen, der sozusagen als Kopfschmuck zwischen den Ohren des Streitrosses sitzt:…
… Das vor nunmehr beinahe 2.000 Jahre außerhalb der damaligen Stadtgrenzen Veronas errichtete Amphitheater ist nach dem Kolosseum in Rom und der Arena von Capua das weltweit größte. In der Blütezeit des Römischen Weltreiches wurden dort hauptsächlich Gladiatorenkämpfe aufgeführt. Es hält sich auch sehr hartnäckig das Gerücht, dass die römischen Imperatoren die Arena mehrmals fluten ließen, um dort regelrechte Seeschlachten abzuhalten, Beweise für diese Legende gibt es allerdings nicht. Die Fassade, die damals noch zwei Stockwerk höher war, ist mit weißem und rosa Sandstein verkleidet gewesen…
… Bei einem Erdbeben im Jahr 1117 wurden große Teile des Außenrings zerstört, es sind nur mehr vier Bögen bis zum heutigen Tage erhalten geblieben. Ermutigt von den Herrschaften der Katholischen Kirche, die in der Arena ein Werk des Teufels sahen, nutzten die Einwohner Veronas die Trümmerteile zum Bau der stetig anwachsenden mittelalterlichen Stadt. Im Jahr 1278 war das Amphitheater der entsetzliche Schauplatz der letzten großen Katharer-Hinrichtung…
… In der Renaissance gab es Bestrebungen, die Arena wieder für Theateraufführungen zu nutzen. Außerdem hielt man in dem großen Rund Truppenparaden, die Starts von Heissluftballons, sportliche Wettkämpfe, Ballettaufführungen, Zirkusvorstellungen, Stierkämpfe und Duelle ab…
… Anlässlich des 100. Geburtstags von Giuseppe Verdi fand am 10. August 1913 zum ersten Mal die Aufführung der Oper “Aida” in Veronas Amphitheater statt. Dirigent Tullio Serafin, Tenor Giovanni Zenatello und Impressario Ottone Rovato war es gelungen, sich mithilfe der begeisterten Bevölkerung gegen den erbitterten Widerstand des Stadtrats durchzusetzen, deren Mitglieder die krude Idee vertraten, eine Operninszenierung würde der “Heiligkeit” des antiken Bauwerks Schaden zufügen. Inzwischen sind viele Millionen Besucher/innen aus aller Welt in den Genuss der einzigartigen Atmosphäre einer Aufführung in der Arena gekommen…
… Cleopatra und Marcus Antonius begrüßen am Eingang die wissbegierigen Touris…
… In den düsteren Gängen unter der Arena kam’s mir schon ein wenig unheimlich vor. Meine Phantasie gaukelte mir das Stöhnen und Murmeln der Gladiatoren vor, den Klang ihrer ungefügen Ledersandalen auf dem kalten, harten Boden, das Rasseln der Ketten, mit denen man sie und die wilden Tiere gefesselt hat, den stechenden Geruch von Schweiß unter hoher Anspannung und Todesangst, das Brüllen und Fauchen der Raubkatzen, das Gröhlen, Johlen und Applaudieren der Zuschauer auf den Rängen über mir… 😉
… Im weiten Oval der Arena von Verona. Ganz nach oben konnte ich nicht steigen, die Stufen sind zu hoch, und es sind keine Geländer vorhanden. Aber die Loge des Imperators habe ich erklommen, und mich ein Weilchen auf seinem Platz niedergelassen, um zu schauen und zu staunen…
… Seit meinen langen und schönen Jahren in der Bayerischen Staatsoper faszinieren und begeistern mich Bühnenarbeiten. Es ist spannend mitanzusehen, wie aus einem gewaltigen Puzzle scheinbar völlig unzusammenhängender Teile so nach und nach ein Ganzes entsteht, eine Welt für sich, die dann Abend für Abend die Zuschauer/innen aus dem Alltag in ein Reich der Phantasie entführt…
… Nachdem ich mich ausgeruht und sozusagen satt gestaunt und geschaut hatte, verließ ich die antike Stätte, und wandte mich der Via Roma zu, um zu einem anderen, sehr alten und geschichtsträchtigen Bauwerk zu gelangen…
… Sie liegt südlich der wunderschönen Altstadt, und umschließt halbmondförmig eine kleine Grünanlage mit einem Denkmal des ersten italienischen Königs Vittorio Emanuele und einem aus München (eine der Partnerstädte Veronas) stammenden Brunnen, sowie das wuchtige Rund der beinahe zweitausend Jahre alten Arena. Der Name “Brà” ist übrigens eine Verbalhornung des deutschen Wortes “Breit”. Von der Stazione Porta Nuova her kommend gelangt man durch den Torbogen Portoni del Brà auf den Platz. Zur Rechten befinden sich das Rathaus – Palazzo Municipale, auch Palazzo Barbieri genannt, der Palazzo Gran Guardia, und das archäologische Museo Lapidario Maffeiano…
… Die breite Promenade ist mit rosafarbenem Marmor aus dem Valpolicella gepflastert, ein Zeichen des Reichtums der Stadt. Ungezählte Tischlein etlicher Restaurants locken unter breiten Sonnensegeln, doch Platz zu nehmen und ein bisschen zu verweilen. Was ich einige Male auch sehr gerne getan habe. Im Verhältnis zu Venedig sind die Preise für Speis und Trank entlang der Veroneser “Flaniermeile” recht moderat. Und wenn man sich im Bar-Bereich der eleganten Lokalität “Vittorio Emanuele II.” niederlässt, dann bekommt man zu dem bestellten Drink, einen süffigen Sprizz für sechs Euro zum Beispiel, gratis einen Teller mit feinen Köstlichkeiten serviert: Chips, Oliven, kleine, pikant gefüllte Windbeutelchen, winzige, würzige Bruschetti. Das ersetzt zwar keine Mahlzeit, füllt das Bäuchlein aber doch recht angenehm und stärkt für weitere Unternehmungen…
… Während ich am frühen Nachmittag auf den Bus zum zweiten Teil der gebuchten Hopp-on-Hopp-off-Rundfahrt wartete, intonierte eine Schar Sänger/innen auf den Stufen des Rathauses den Gefangenenchor aus “Nabucco”. Ooooooh, was war das schön! Da wurde mir das Herz ganz weit, und es kullerte auch die eine oder andere Träne…
… Ohne Zweifel beherrscht die römische Arena mit all ihrer beinahe zweitausend Jahre alten Wucht und Baukunst die Piazza Brà. Auch in ihrem Schatten tummeln sich so wie vor dem Kolosseum in Rom als Legionäre Verkleidete, um sich gegen einen kleinen Obolus mit Touris fotografieren zu lassen. Ein guter Freund aus Italien hat mir einmal erzählt, dass es sich bei diesen Menschen in der Regel um Arbeitslose handeln würde, die dadurch ihre magere Unterstützung aufbessern würden. Vor einigen Jahren hatte der berüchtigte Bunga-Bunga-Präsident Berlusconi einmal allen Ernstes ins Auge gefasst, jenen Leuten diese Art des Geldverdienens zu untersagen. Ich bin froh, dass er damit nicht durchgekommen ist…
… Die Stadtpolizei von Verona fährt übrigens mit Elektro-Autos. Die Autobusse werden schadstoffarm mit Erdgas betrieben, die meisten Taxis sind sogenannte Hybridfahrzeuge. Die Luft in der Stadt ist deshalb ausgesprochen sauber, und zur Zeit sogar sehr wohlriechend, es blüht der Jasmin, der an allen Ecken und Enden gar üppig wuchert. Auf den Straßen befindet sich keinerlei Abfall, Mülleimer werden untertags mehrmals geleert. Und die Autofahrer/innen von Verona verdienen mein uneingeschränktes Lob, sie sind überaus geduldig, verständnisvoll und höflich…
… zur letzten Tour durch das wunderschöne Verona. Heute werde ich mir die weltberühmte Arena von innen anschauen, und dann noch eine kleine Abschiedsrunde durch die Altstadt drehen…
… Zur Zeit ist man in und um der größten Freilicht-Opernbühne der Welt sehr fleißig mit den Bühnenaufbauten für die kommende Spielzeit beschäftigt. Unter anderem hatte man vorgestern ein riesiges weibliches Haupt abgeladen. So was muss man als alte Fototante natürlich ausnutzen… 😉
… In einer Fensternische der Veroneser Burg Castelvecchio habe ich diese ungeduldig auf Futterzufuhr wartenden Jungvögel entdeckt. Mir scheint, dass es sich hierbei um eine Art Schwalben handeln könnte…
… Ich bin heute wieder dermaßen intensiv viele lange Stunden in der Stadt unterwegs gewesen, dass ich nun völlig entkräftet bin, und keine Energie mehr zum Hochladen und Bearbeiten meiner Fotos habe. Dank meiner beiden Helferlein, der mitgenommenen Wanderstecken, bereitet langes Gehen zum Glück keine Probleme. Ein paar Mal bin ich ins Stolpern geraten, weil meine Beine nicht so wollten, wie ich das gerne von ihnen gehabt hätte, konnte mich aber dank der Stecken jedesmal wieder fangen. Am schwierigsten ist Treppen hochsteigen – aber ich habe mit viel Geduld, Sturheit und Beharrlichkeit alles gesehen, was ich mir vorgenommen hatte, und wohin meine Wissbegierde mich getrieben hat… 😉
… Ist das eine hinreissend schöne Stadt!…
… Verona – übrigens eine Partnerstadt von München – hat ein ganz enormes “Suchtpotenzial”. Ich bin von morgens früh bis in die Abendstunden beinahe pausenlos in der historischen Innenstadt unterwegs gewesen, teils per Hopp-on-hopp-off-Touri-Bus, großenteils aber auf Schusters Rappen, und wenn mir vorhin nicht die Knie weich geworden wären, und vor Müdigkeit die Lider schwer, dann wäre ich wahrscheinlich immer noch unterwegs…
… Ich muss erst noch meine ungezählten Eindrücke sowie Bilder sortieren – aber einen ersten Überblick, und zwar von ganz oben, vom Torre dei Lamberti aus, mit ca. 84 Metern der höchste Turm Veronas, den möchte ich euch vorab gerne präsentieren…
… Der romanische Dom von Verona mit dem immer noch unfertigen Glockenturm im Vordergrund, links dahinter, oben auf den Hügeln die Santuari Madonna di Lourdes, eine Wahlfahrtsstätte mit einem grandiosen Ausblick…
… Etwas oberhalb der Bildmitte kann man die weltberühmte Arena erkennen…
… Die Piazza Erbe, ein gar herrlicher Platz in der historischen Altstadt…
… Fast unmittelbar nach meiner Rückkehr von Padua Ende Februar fackelte ich nicht lange und buchte einen Mehrtagestrip nach Verona. Kurz bevor am 27. Februar der EC von Venedig nach München in die Stazione Porta Nuova eingefahren war, wummerte er über eine Brücke. Eine ganz kleine aber sehr intensive Weile lang hatte ich einen gar wundervollen Blick auf die Stadt Romeos und Julias – und da ist es um mich geschehen gewesen…
… Im Nachhinein bekam ich Zweifel – konnte ich mir eine weitere Reise nach Bella Italia überhaupt leisten? Irgendwie bin ich im Frühling bei unseren Disponenten während langer Wochen in Ungnade gefallen – obwohl ich mir den Grund überhaupt nicht erklären konnte – man knauserte sehr mit den Stunden, mit denen man mich bedachte. Unter diesen Umständen schien es ratsamer, meine paar Kröten zusammen zu halten, anstatt wieder einmal auf Tour zu gehen. Ich war mehrmals kurz davor, Hotel und Zugfahrt zu stornieren, ließ aber doch stets davon ab…
… Dann erfuhr ich vor genau zwei Wochen meine erschütternde Diagnose. Anstatt mich krank schreiben zu lassen stürzte ich mich förmlich in die Arbeit, buckelte zehn Tage mit nur einem einzigen freien Tag dazwischen durch, und wurde zudem von den Kastellanen auf anspruchsvolle und anstrengende Positionen gesetzt. Mit der Zeit freute ich mich erneut sehr auf Verona, dort würde ich auf andere Gedanken kommen. Und wer weiß, vielleicht würde dies ja meine letzte halbwegs unbeschwerte Reise sein…
… Ich liebe es zu fliegen, fahre aber auch leidenschaftlich gerne mit dem Zug. Vor allem, wenn die Strecke quer durch die Alpen führt. Die ständig wechselnden Panoramen beiderseits des Schienenstrangs, die Bergmassive, Wälder, Burgen, Dörfer, Weingüter, Kirchen machen diese Reise immer zu etwas ganz Besonderem…
… Der Wendelstein grüßt an der Grenze zu Österreich…
… Ein Hingucker für Dampflok- und Schmalspurbahnfreunde: Das historische Bähnlein von Jenbach/Tirol…
… Alpenquerung…
… An der Stazione Porta Nuova in Verona gönnte ich mir ein Taxi zu dem kleinen Hotel, in dem ich ein Zimmer gebucht hatte. Und das erwies sich als weise, denn die Unterkunft liegt in einem recht unschönen Industriegebiet etliche Kilometer südlich von Verona inmitten von aufgegebenen halbfertigen Industriebauten, Autowerkstätten, und aller Art Fertigungsbetrieben. Das nächst gelegene Restaurant ist in einem Einkaufszentrum, dort befindet sich auch die Bushaltestelle Richtung Innenstadt – und beides ist ungefähr eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt. Auch die Aussicht ist alles andere als berauschend – aber der Service ist freundlich, das Zimmer recht groß, sauber und hell, und das Bett wunderbar breit und nicht allzu hart. Jetzt werde ich bei einem Glaserl feinem Roten aus dem Veneto noch ein Weilchen entspannen, und dann Kraft und Ruhe für den morgigen Tag schöpfen – ich habe ein Ticket für den Hop-on-hop-off-Touri-Bus, und freue mich schon sehr auf das, was ich zu sehen bekommen werde… 🙂
… Die Aussicht von meinem Zimmer…
Der ist guuuuuuut! 😆
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