Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Sprichwörtliches…

… Das festliche Eindecken einer Tafel mit schönen Servietten, Platztellern und allerlei Besteckteilen, der Gangfolge entsprechend, sowie den heutzutage gebräuchlichen, sogenannten amerikanischen Service, d. h. die Speisen werden in der Küche auf die Teller angerichtet, und von rechts dem Gast eingesetzt, kennt man im Grunde genommen erst seit dem 19. Jahrhundert…

… Im 16., 17. und 18. Jahrhundert deckte man für jeden Gast einer königlichen, kaiserlichen oder kurfürstlichen Festtafel einen Teller ein, der in der Regel für alle Gänge benutzt wurde – und das konnten im Laufe eines bis zu vier Stunden dauernden Gelages recht viele sein – sowie ein Besteck, bestehend aus Löffel und Messer, ab Mitte/Ende des 17. Jahrhunderts kam dann auch die Gabel hinzu. Die Tafel bestand  aus Brettern, die auf Holzböcke gelegt, und mit aufwändig bestickten Tüchern belegt wurden. Die Speisen wurden auf Platten oder in Terrinen eingesetzt. Da die Hofküche nicht unbedingt in der Nähe des Festsaales lag, waren die Gerichte meist nur lauwarm, und zudem so verkocht, dass man sie leicht am Gaumen zerdrücken konnte – da Zahnpflege in jenen Tagen noch so gut wie unbekannt war, war der Zustand der meisten „Kauleisten“ der hochwohlgeborenen Geladenen üblicherweise höchst bedenklich. Geschmückt wurden die Festtafeln mit ungemein kunstvoll kreierten, ausladenden Aufsätzen, die bis Mitte des 18. Jahrhunderts, bevor die Porzellanherstelllung in Europa gebräuchlich wurde, aus Zucker gestaltet wurden. Sowie mehr als üppigen Blumengestecken, die bis zu zwei Meter hoch sein konnten, und die jeden Blick über den Tisch hinweg versperrten. Wußte man als Gast, wer einem gegenüber platziert war, und wollte dieser Person eine Schmeichelei, ein Kompliment, oder eine mit viel geraspeltem Süßholz verbrämte Stichelei, vielleicht gar Beleidigung zukommen lassen – schon damals ging man bei solchen Anlässen mit Sicherheit mit dem Klartext höchst sparsam um! – musste man im wahrsten Sinne des Wortes durch die Blume sprechen…   😉

… Wollte man nach dem Schmausen ein kleines Tänzchen wagen, hob die Dienerschaft auf ein Zeichen des Gastgebers die Tischplatten sowie die Holzböcke schlicht und ergreifend beiseite – und daher stammt die Redewendung: „Eine Tafel aufheben.“…


41 Antworten zu “Sprichwörtliches…”

  1. Sprichwörtlich interessant…ich sage mal durch die Blume… „das wusste ich auch noch nicht“ und Dank Doktor Eisenbart oder so, muss ich gleich den Wirsing auch nicht zerkochen und kann dann beruhigt die Tafel aufheben. Wozu hat frau einen kräftigen Mann. So als kleines Kompliment am Abend. 🙂
    Liebe Grüße
    Ute

    • Ich habe das bis heute Nachmittag auch noch nicht gewusst. Ein neuer, noch recht junger Museumsführer hat das erzählt, und da ich ja solche Geschichten liebe, habe ich sehr, sehr fleißig die Ohren gespitzt. 😉
      Dein Liebster wird sich bestimmt über das Kompliment freuen. 😉
      Liebe Grüße!

    • So erging’s mir heute am frühen Nachmittag auch, als ein noch recht junger, mir bislang unbekannter Museumsführer mit seiner Gruppe um die Ecke kam, und diese Geschichte erzählte. 😉

  2. Das wusste ich alles so nicht. Wenn ich nun auf Reisen Sclösser, Burgen oder herrschaftliche Gebäude anschaue, dann habe ich eine bessere Vorstellung von dem was in diesen Räumen einmal abgelaufen ist. Danke schön😊.

    • Aber sehr gerne! 🙂 Solltet ihr mal nach München kommen, dann sagt mir gut eine Woche zuvor bescheid, dann werde ich gerne versuchen, mit meinen Geschichten für euch die Residenz wieder zum Leben zu erwecken. 😉

      • Du wirst es nicht glauben, ich habe über 20 Jahre in München gelebt. Doch zu einer Innenansicht der Münchner Residenz hat es in diesen 20 Jahren nie gereicht. Ähnlich erging es mir in meiner Heimatstadt Stuttgart mit der Staatsgalerie, genauer gesagt dem Erweiterungsbau von James Stirling, den ich erst besuchte nachdem ich meinen Wohnsitz schon in München gewählt hatte. 😕
        Nachdem du eine ausgewiesene Kennerin der Münchner Residenz bist, musst du dich darauf gefasst machen, dass wir auf Angebot zurückkommen werden. 😉
        LG WoMolix und WoMoline

      • Danke! Oh, ja, sibirisch ist dieser Tag wirklich! Dem armen Regensburger OB hat man vielleicht auch deswegen gerade heute eine neue Bleibe besorgt. Ihnen auch einen schönen Tag! LG

          • Nee! Aber man kann davon ausgehen, dass zu Regensburg genau deswegen konsolidiert werden soll. OB W. war nahezu der Einzige welcher in der Region nicht gegen Flüchtlinge agierte, aber auch als gebürtiger Ostfriese (so ich derzeit weiß) regional nicht unbedingt so integriert war, wie es diese Region scheinbar erfordert. LG

            • Ich habe in der BR-Rundschau vorhin von den schweren Vorwürfen gegen ihn gehört, und dass er in Untersuchungshaft sitzt. Glauben Sie, dass eine Intrige gegen den OB W. dahinter steckt, oder ob an den Vorwürfen der Mauscheleien etwas dran sein könnte?

              • Guten Morgen! Ich neige eher dem konservativen Lager zu, kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass OB W. so etwas wissentlich gemacht haben soll. Man könnte ihn aber durchaus in etwas hineinmanövriert haben, was er nicht durchblickt hatte. Wer die richtigen Freunde hat, braucht auch in der Oberpfalz keine Feinde mehr. 😉

  3. Interessant, wo alle unsere Redewendungen herkommen. Wenn man eine Burgbesichtigung macht, kriegt man in der Hinsicht auch viel zu hören, viele alte Redensarten, die aus den Ritterzeiten stammen. – Das scheint ja eine interessante Führung gewesen zu sein.

    • Wenn man eine/n gute/n Führer/in hat, dann macht man nicht nur eine Burg- bzw. Schlossbesichtigung, sondern kann für’s Leben lernen, und so manche Wissenslücke füllen. 😉
      Ich habe den jungen Mann vorher noch nie bei uns gesehen. Er war voller Eifer, und wirklich gut informiert und belesen.

  4. Das ist ja echt interessant. Wußte ich alles auch noch nicht. Danke dir für die Ausführungen.
    Kann mir vorstellen, dass du da auch ins Staunen kamst 🙂

      • Kann ich mir gut vorstellen. Manche Leute haben es einfach drauf, da steht man dann ganz gebannt da.
        Leider gibt es auch solche, die einfach einen Text runterleiern, das ist öde und wenig inspirierend.

        • Ja, oder sich nicht ordentlich vorbereitet haben. Ich habe im Museum schon Führer/innen zuhauf erlebt, die einen solchen Schmarrn von sich gegeben haben, dass es mir förmlich die Zehennägel aufgerollt hat.

          • Kann ich mir gut vorstellen. Schlimm sowas.
            Und die Besucher wollen ja gut informiert werden, wenn sie schon eine Führung mitmachen.
            Als Besucher merkt man es womöglich gar nicht, wenn Schmarrn erzählt wird.

                • Weil das nicht unsere Aufgabe ist. Wir sind dazu da, aufzupassen, dass niemand etwas Wertvolles berührt oder gar beschädigt, um den rechten Weg zu weisen, und Fragen von Besuchern zu beantworten. Wir sind nicht dazu da, schlecht informierten Führern/innen Nachhilfe im Geschichtsunterricht zu erteilen. 😉

                    • Nein. Da sind so viele verschiedene Leute unterwegs, bei uns darf so gut wie jeder Führungen machen, so etwas wie eine Prüfung oder Vorweisen einer Qualifikation ist nicht erforderlich – was ich persönlich gar nicht gut finde.

                    • Kann ich dir nur zustimmen, wenigstens ein kleines Abfragen wäre nicht verkehrt.

                      Klingt wie bei den Taxifahrern, die müssen heute auch nicht mehr lernen, wo die Straßen liegen, es gibt ja Navis….oder sie fragen die Fahrgäste 🙁

                    • Das wäre wünschenswert, kann auch gut sein in Bayern.
                      Hier gibt es nur noch ganz ganz wenige deutsche Taxifahrer, die meisten sind Pakistani, Marokkaner etc. Die sprechen schlecht oder kein Deutsch, aber ein Navi bedienen können sie.

                    • Seh ich auch so. Aber Smalltalk können die auch nicht.
                      Am Montag hatte ich wieder einen Termin der Klinik, da muss ich mit dem Taxi fahren, weil ich sonst so weit laufen muss.
                      Kein Wort während der ganzen Fahrt, und bis ich ihm klar gemacht hatte, dass ich in dieses Krankenhaus will, das dauerte ewig, die Straße musste ich buchstabieren, das klappte auch nicht gleich….mittlerweile werde ich ungehalten.
                      Zum Glück hatte ich auf dem Rückweg eine deutsche Fahrerin, die schon zig Jahre arbeitet, der habe ich mein Leid geklagt, sie meinte nur, sie kennt das, sie hört das ständig.

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