Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

US-Wahlparty im Bayerischen Landtag – Resümee…

… Zuallererst: Diese Nacht im geschichtsträchtigen Maximilianeum angesichts einer – vielleicht – ebensolchen Wahl hat mir verdammt viel Freude gemacht! Ich habe mich schon seit langem nicht mehr so wohl in meiner Haut, glücklich und zufrieden gefühlt, ein solches Hochgefühl empfunden, als in jenen langen Stunden, da ich mit dem Laptop in einer lässig über die Schulter gehängte Retro-Hippie-Umhängetasche und der Kamera im Anschlag mir beständig meinen Weg durch die schönen Räumlichkeiten unseres Regierungsgebäudes suchte. Sehr oft heftete ich mich so unauffällig als möglich an die Fersen der diversen TV-Teams – ich bin kein eingefleischter Fan von „Celebrities“, doch die Gelegenheit, die eine oder andere prominente Persönlichkeit vor die Linse zu bekommen, hat mir dennoch große Genugtuung bereitet – eine Befriedigung jenes Jagdfiebers, das mich so manches Mal überkommt, wenn ich auf der Foto-Pirsch bin…   😉

… Ich habe recht interessante und sympathische Menschen kennen lernen dürfen – dazu zählen ein pensionierter Professor des Goethe-Instituts und seine Gattin, sowie die Generalkonsulin, Mrs. Jennifer D. Gavito, die mit ihrer sehr sympathischen, umgänglichen und freundlichen Art viele meiner Vorurteile über arrogante und „abgehobene“ Diplomaten/innen ad absurdum führte. Ich habe inspirierende, erhellende, anregende, wirklich zutiefst gute Gespräche führen dürfen. Der einzige Minuspunkt war die, gemessen an den vorangegangenen Wahlparties im Amerikahaus, mickrige Verpflegung. Nach den Eröffnungsreden wurden Donuts verteilt, aber man musste schon sehr flink zugange sein, um einen davon zu erhaschen, und im großen Foyer standen zwei Popcorn-Maschinen. Das war’s. Alle anderen Speisen – Sandwiches, Burger, Hotdogs etc. – musste man käuflich erwerben. Ich hoffe, dass man bis in vier Jahren wieder großzügigere Sponsoren an Land gezogen haben wird. 😉 Bier, alkoholfreie Getränke und ein gar köstlicher Frankenwein, von der Weinkönigin selbst kredenzt, die höchst tapfer auch bis in die frühen Morgenstunden aushielt, flossen allerdings ohne Unterlass bis zum Zapfenstreich…

… Nie werde ich die Antlitze all jener vergessen, die mit mir bis fünf Uhr morgens ausgehalten haben, bis man uns sehr charmant und freundlich, aber bestimmt nahe legte, nach Hause zu gehen. Wie sich über die Müdigkeit in den Gesichtszügen allmählich Fassungslosigkeit und Entsetzen legten. Dies ist meine fünfte Teilnahme an einer US-Wahlparty gewesen – desgleichen habe ich noch nie beobachtet, außer vielleicht in jener ebenfalls schicksalhaften Nacht, als wir gegen sieben Uhr morgens über den Vorsprung von Al Gore versus G. W. Bush jubelten – und knapp eine halbe Stunde später vor ungläubigem Schrecken nach Luft schnappten…

… Mr. Trump ist seit langem schon sehr medienversiert. In seiner über etliche Jahre laufenden und eifrig frequentierten TV-Show „The Apprentice“, eine sogenannte Reality-Show, erkor er regelmäßig aus einer Schar von 16 Anwärtern/innen einen Sieger, der sich über 250.000 Dollar Anfangsgehalt und eine sehr gute Anstellung in einem seiner Unternehmen freuen durfte. Sein sonor und knallhart vorgetragener Spruch am Ende jeder Sendung zu einem der Kandidaten/innen: „You’re fired!“ wurde legendär, allein damit fand er amerikaweit ungezählte Bewunderer. Ich denke, dass die schier atemberaubende, bisweilen unsäglich niveaulose Schlammschlacht seiner Kandidatur, seine verbalen Ausfälle, die polarisierenden Reden mit vollem Bedacht und höchst berechnend inszeniert worden sind. Trump und sein Wahlkampfteam haben sich als effiziente, psychologisch hervorragend geschulte Rattenfänger geriert, die virtuos mit den primitiven, dunklen Seiten der potentiellen Wählern spielten. Das ist meiner Meinung nach eine der Hauptursachen seines doch überraschenden Erfolgs. Die andere liegt in dem antiquierten, unnötig komplizierten, amerikanischen Wahlsystem. Würden die Amerikaner ihr Staatsoberhaupt mittels einer Direktwahl ins Weiße Haus berufen, hätte Killary Clinton ca. 300.000 Stimmen mehr gehabt als ihr Rivale…

… In seiner gestrigen Rede hat Mr. Trump sehr moderate, versöhnliche, besonnene Töne angeschlagen. Ein leiser Hauch, dass sich da ein Saulus zum Paulus wandeln wird? Wer weiß?… Die Zeit wird es zeigen… Nach all dem Entsetzen, dem Schrecken – ob berechtigt oder nicht – ist es allerdings jetzt an der Zeit, Vernunft, Zuversicht, Unvoreingenommenheit und Geduld an den Tag zu legen. Verdient nicht jeder eine Chance? Und sollten dies nicht vor allem all jene von uns beherzigen, meine Wenigkeit mit eingeschlossen, die stets und unverdrossen zum friedvollen Miteinander, zu Toleranz und Menschlichkeit aufrufen?…

… Vielleicht wird Trump’s Präsidentschaft ein Desaster werden. Vielleicht werden die Ängste, das Entsetzen, die Bedenken zur Zeit aber auch nur wieder einmal von den omnipräsenten Medien hochgekocht – not only sex sells, fears also guarantee big media profits…

… Quo vadis, Amerika?…

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32 Antworten zu “US-Wahlparty im Bayerischen Landtag – Resümee…”

  1. Wir sollten die Sache jetzt mit einer gewissen Gelassenheit angehen. Ändern können wir persönlich nichts. Man kann jetzt nur hoffen und abwarten … sicherlich auch mit einem (noch) unguten Gefühl.

  2. WIr sollten hier nicht so schwarz sehen. Immerhin konnte Herr Trump das Imperium seines Vaters erhalten. Also kann er nicht nur ein emotional überreagierender Knallkopf sein.
    Ich habe mir heute zwei Reden von ihm angeschaut. Bei der einen Rede auf einer Benefiz-Veranstaltung war sogar Hillary anwesend. In beiden Fällen ist mir aufgefallen, dass er fast wie ein bitterböser Kabarettist Wahrheiten aussprach, die teilweise belegte Fakten sind. Aber so etwas tut man normalerweise im professionellen Politbusiness nicht. Aber er tat es, und das wohl kalkuliert und mit voller Absicht. Er ist medienerfahren und er weis wie man so etwas macht. Die Pöbelnummer bringt ihm Publicity, Aufmerksamkeit und er erreicht viele von denen, die schon restlos resigniert haben.
    Was Obama sehr smart mit „Yes, we can“ erreichte, erreicht Trump mit mit gezielten Pöbeleien und dem kalkulierten Bruch der Etikette. Beide bedienten Emotionen.
    Im Falle Trumps habe ich das Gefühl, dass hier der Hofnarr, der bekanntlich ohne aufgehängt zu werden, die Wahrheit sagen kann, die Kronprinzessin gestürzt und sich selbst auf den Thron gesetzt hat. Mir ist im Mittelalter nichts vergleichbares bekannt, das ein Hofnarr zum König wurde. Sollte es doch einer versucht haben, dann ist er im Kerker gelandet und in den Geschichtsbüchern findet sich daher auch nichts mehr darüber. 😉

    Meinen Kommentar bei Arno hast du gelesen… daher wiederhole ich das hier nicht noch einmal.

    LG Womolix

    • Die deutschen Medien hauen ja auch sehr gekonnt und überaus fleißig in die Kerbe „böser Trump“, seitdem die amerikanische Wahlschlacht in die heisse Phase ging, geben sich wieder einmal sämtliche „Reichsbedenkenträger“ wie z. B. Herr Bosbach in den Fernsehstudios die Klinken in die Hand…
      Wie ich in meinem Post bereits kurz ausführe – der Wahlkampf war durchkalkuliert, vom ersten bis zum letzten Auftreten, jede Szene, jedes grobschlächtige Wort, ja, ich denke, dass sogar die angeblich vertraulichen und höchst frauenfeindlichen Äußerungen Trumps einem Journalisten gegenüber inszeniert gewesen sind. Allerdings ist das schon auch bedenklich, wenn jemand dergestalt die Massen manipulieren kann…
      Ja, ein Hofnarr, der sich die Krone auf den Kopf setzt, lebt höchst gefährlich…
      Liebe Grüße!

    • Ich halte ihn für dumm, aber bauernschlau. Das Imperium seines Vaters wurde erhalten, weil ihm staatlicherseits geholfen wurde, z.B. 1990, als er zahlungsunfähig war. Da trat die Regierung von New Jersey für ihn ein (gegen die Banken), alles nach dem Motto: Too big to fail.

      Erstaunlich natürlich, solch ein Imperium aufzubauen. Ich könnte das nicht und wollte das nicht, denn ich könnte nicht mit Anwälten zusammenarbeiten (Roy Cohn), die Mafia-Kunden der Baubranche vertreten.

      • Sieh an, das vom Imperium des Vaters wusste ich noch gar nicht. Danke für die Info, liebe Ingrid.
        Ich könnte das auch nicht, bin ohnehin ein Weichei, und würde vermutlich unter dem Druck sehr bald zusammen brechen.

      • Alles korrekt. ich hab auch nicht gesagt, dass der Mann ein Sympathieträger ist. Ich würde mich auch so weit wie möglich von ihm fern halten. Der Mann weiß genau wie weit er gehen kann, bzw. muss um die anderen klein zu kriegen. Und genau weil er das weiß, ist er solch große Risiken gegangen, weil er sich sicher war, dass es für ihn keine Risiken sind.

        • Ich wollte damit sagen, dass es nicht immer sein Verdienst war, dass seine Firma Bestand hatte. ‚Bewundernswert‘ 🙁 natürlich, wie er es immer verstanden hat, alle für sich auszunutzen (schmieren, unter Druck setzen, etc.)

          • Schaut euch doch mal die Biographie von Mike Pence an, dem zukünftigen Vizepräsidenten der USA. Da habe ich ehrlich gesagt ein fast noch mulmigeres Gefühl als beim Trumpel: Evangelikaler „Christ“, trotz gegenteiliger Beteuerungen verabscheut er Homosexuelle, er hat als Gouveneur von Indiana sogar ein Gesetz erlassen, das es Ladenbesitzern erlaubt, Homosexuellen die Bedienung zu verweigern, er ist von der Richtigkeit der Lehre des Intelligent Design überzeugt, die ja die Evolutionstheorie strikt ablehnt, und ist zudem noch ein strikter Abteibungsgegner.
            https://de.wikipedia.org/wiki/Mike_Pence

  3. Mir sind das schon wieder zu viele Diskutierereien, Analysen Voraussagen, Bemerkungen etc., so wie unsere Medien einfach sind und wir sollten nicht in die gleiche Kerbe hauen.
    Für mich empfand ich diesen Wahlkampf schon eine Zumutung und das Ergebnis ist nun da, ohne WENN und ABER.
    Lassen wir uns doch überraschen, was hinter und in diesem Mann steckt.
    Manche „Sterne“ sind schon wieder gefallen, bevor sie anfingen zu leuchten.

    Dass diese Verantstaltung für dich sehr mitreißend war, hast du sehr überzeugend rüber gebracht. Die Erinnerungen daran kann dir niemand nehmen.

    LG Anna-Lena

    • Der Wahlkampf war Ekel erregend, und ich hoffe sehr, dass so was nicht Schule machen wird. Und ja, wir sollten uns davor hüten, uns wie die Medien zu gerieren.
      Ich glaube, von der Nacht im Bayerischen Landtag werde ich noch erzählen, wenn ich mit Neunzig irgendwo auf der Parkbank sitzen werde. 😉
      Liebe Grüße!

    • So ist es. Und ein Teil der Republikaner ist ja auch keineswegs einverstanden mit ihm. Ohne das Einverständnis von Senat und Kongress kann er ohnehin keine tiefgreifenden Entscheidungen treffen.

  4. man sollte dieses Mann nicht unterschätzen . Ich halte den keineswegs für dumm sondern für jemand der weiß bei wem er wie weit gehen kann. Aber ganz ehrlich , Frau Clinton wäre auch nicht die bessere Wahl gewesen . Die armen Wähler hatten doch nur die Wahl zwischen Pest und Cholera …Wer jetzt Was ist das wird sich zeigen. Ich hab mit seinem Wahlsieg gerechnet.
    „Schaun wir mal , dann sehn wir schon“ würde Kaiser Franz jetzt sagen. 🙂

    • Ja, Bernie Sanders, auf dem so viel Wohlwollen und Hoffnungen ruhten, wurde ja bei der Kandidaten-Nominierung der Demokraten höchst unfair aus dem Rennen geschubst… Geahnt hatte ich Trumps Sieg, nachdem in den letzten Tagen vor der Wahl Killary’s Vorsprung in der Wählergunst wieder arg zusammengeschmolzen ist…
      Genau – besser kann man’s nicht ausdrücken. 😉

      • wir können jetzt nur hoffen dass unsere „Wut-und Protestwähler“ langsam wach werden und nicht erst dann geschockt reagieren wenn sie sich Geister gerufen haben die sie nicht mehr los werden.
        gute Nacht …. 🙂

  5. Wahre Worte. Aber so ganz kann ich hier einige Kommentare nicht verstehen. Das Imperium hat er vom Vater geerbt und mit Schulden und am Rande der Legalität aus gebaut. In den Neunziger Jahren hat er eine Millionen Pleite mit seiner Cassino Sparte hingelegt. Die Stadt New York hat er erpresst, als sie kurz vor der Insolvenz stand. Er ist kein unbeschriebenes Blatt. Aber jeder soll seine Change gekommen.lG.

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