Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Carnevale di Venezia (6)…

… Jenseits der Ponte dell‘ Accademia disponierte ich allerdings ganz flink um. Warum sollte ich mir jetzt noch den langen Fußmarsch antun? Ein Linienboot würde mich bequem nach St. Basilio bringen, wo es an der Mole einige einladend wirkende Lokalitäten gab, außerdem war es doch bestimmt schön, nach Sonnenuntergang den Canale Grande entlang zu tuckern – und ich fahre leidenschaftlich gerne mit den Vaporetti, das wurde mir jetzt bewusst. Während ich an der Reling stand und mal die sanft vorüber gleitenden Palazzi, mal die Passagiere betrachtete, die dicht gedrängt saßen und standen, keimte in mir eine Idee auf, die mich so schnell nicht mehr los ließ, und immer noch in meinem Kopf herum geistert: Eine Dokumentation über die venezianischen Linienboote, entweder fotografisch oder als Video – das wär’s! Gar nicht viel Worte, sondern nur die Bilder sprechen lassen…

… Langsam senkte sich der Abend über die malerische Lagunenstadt:…

… Bei den Haltestellen Ferrovia (Bahnhof), Piazzale Roma (Busbahnhof) und Tronchetta leerte sich die Fähre. Ganz in Gedanken und meine Studien versunken verpasste ich St. Basilio. Bei San Zaccharia nahe des Markusplatzes angelangt stieg ich aus, was wegen des beachtlichen Seegangs nicht ganz einfach war, und steuerte die nahen Ristorantes an. Die Schwäche in meinen Beinen und das dumpfe Gefühl im Kopf waren ganz bestimmt nicht auf das Schwanken des Boots zurück zu führen, ich habe sozusagen angeborene „Seebeine“, sondern darauf, dass ich seit den frühen Morgenstunden nichts Anständiges mehr gegessen hatte…

… Kurze Blicke auf die Speisekarten in den Aushängen machten mich schaudern: Für eine Kalbsleber venezianische Art ohne jegliche Beilagen verlangte man im Schnitt 23 Euronen, mit Salat und zwei kleinen Scheibchen Polenta würde dieses Gericht mit sage und schreibe 35 Euronen zu Buche schlagen. Nein, danke…

… Ich enterte das nächste Vaporetto zurück nach Tronchetto, mit dem Ziel St. Basilio. Doch dann sah ich nahe der Station Palanca auf der Insel Giudecca eine bunte Lichterkette vor einem hell erleuchteten Restaurantfenster sanft im Abendwind pendeln, und wusste: Da muss ich hin!…

… So landete ich in einer kleinen Trattoria namens „Do Mori“…

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… Die Eingangstür schloß schlecht und es zog an den vorderen Tischen wie Hechtsuppe, doch der Kellner war überaus freundlich, ebenso der Wirt. Was mich sehr für dieses Lokal einnahm war, dass sich viele einheimische Arbeiter nach Feierabend dort an der Theke einfanden, um einen kleinen Absacker zu sich zu nehmen. Ein Onkel, ehemaliger Fernfahrer, hatte uns bei jedem Familientreffen geraten: „Geht immer dort essen, wo die Einheimischen einkehren.“ Die Preise waren im Vergleich zu jenen nahe des Markusplatzes recht zivil. Nachdem ich meine komplette Bestellung auf ganz passablem Italienisch geordert hatte, war ich richtig stolz auf mich!…

… War auch das Ambiente etwas schlicht, meine Fischplatte, bestehend aus einer Brasse und einem Krebs, die mit Sicherheit vor wenigen Stunden noch im Meer geschwommen waren, sowie einem Stück Räucherfisch, und das Glas weißen Hausweins dazu schmeckten hervorragend. Ich ließ mir mit meinem Abendmahl viel Zeit, und sperrte dabei fleißig Augen und Ohren auf, um mir nur ja kein Fitzelchen venezianischen Lokalkolorits entgehen zu lassen…

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… Frisch gestärkt ließ ich mich erneut zur Anlegestelle San Zaccharia bugsieren. Dort traf ich auf meine Bus-Sitznachbarn. Wir plauderten ein wenig, und beschlossen dann, noch einen kleinen Spaziergang zu machen, bevor uns Tiziano wieder zurück zum Bus fahren würde…

… Inzwischen – gegen halb zehn Uhr abends – war es auf der Uferpromenade still geworden, nur vereinzelt hielten sich noch Maskierte in den Straßenlokalen auf. Die Kellner waren bereits fleißig dabei, abzudecken und sich auf den wohl verdienten Feierabend vorzubereiten…

… Ich hockte im Bug des Schiffes und ließ mir ein letztes Mal venezianischen Meereswind um die Nase wehen…

 


45 Antworten zu “Carnevale di Venezia (6)…”

  1. Der Kanal mit dem „grünen“ Wassr sieht klasse aus.
    Und, hast dir schon fertige Gedanken gemacht wegen der Doku? 😉
    Es ist immer gut, wenn man dort hingeht, wo die Einheimischen essen 😉 Das hat man wohl in jedem Land.

  2. Aufnahmen zur „blauen Stunde“ liebe ich. Ich habe sie mir gleich zweimal in groß angeschaut. Man spürt in deinen Bildern und in deinem Bericht deine Liebe zu Venedig. Was das Restaurant angeht, das hast du genau richtig gemacht. So haben wir es auch immer gehalten: Lokale, in die die Einheimischen gehen, sind immer gut.

    • Danke, lieb Ute… Nach Venedig kann man regelrecht süchtig werden. Ich spiele schon seit einem Weilchen mit dem Gedanken, vor meinem Tessin-Urlaub noch drei Tage Venedig anzuhängen. 😉

  3. eine tolle Stimmung!! Die Stadt schaut aus wie leergefegt.

    35 euronen, das ist echt heftig. ‚Hätte ich auch nicht hingelegt.

    Ich freu mich, dass du sooo schöne Tage hattest 🙂

    • Auf dem Canale Grande war’s ziemlich leer, weil der außer für Linienboote und einige Gondoliere gesperrt gewesen ist. Und ab halb Zehn war’s auch rund um den Markusplatz und an der Uferpromenade recht ruhig.
      Es waren nur zehn Stunden, die ich in Venedig verbracht habe, liebe Ilanah. 😉

        • Erst nach der Rückkehr nach München. 😉 Ich kann im Bus nicht schlafen. Dann allerdings habe ich beinahe vierundzwanzig Stunden durchgepennt, so erschöpft bin ich gewesen. 😉

            • Über sechshundert Kilometer Hinfahrt, zehn Stunden auf den Beinen mit ungemein viel Schauen, Staunen, Freuen und Knipsen, und dann wieder über sechshundert KM Rückfahrt. 😉 Und ein ganz entsetzlicher Schock dann auf dem Heimweg in der S-Bahn, als ich in der Anoraktasche nach meinem Geldbeutel suchte, und dieser weg war! Grundgütiger! Da hätte man mich mit dem nassen Waschlappen erschlagen können, echt jetzt! Das letzte Stimmchen der Vernunft sagte mir, dass ich die Geldbörse wohl im Bus beim Aussteigen verloren haben musste. Also fuhr ich von Ängsten geplagt mit dem nächsten Zug zurück zum Haltepunkt – ich muss wie eine Furie ausgesehen haben. Und tatsächlich – die Begleiterin des Busfahrers hat beim Saubermachen den Geldbeutel unter meinem Sitz gefunden. Ich habe geheult vor Erleichterung…

              • UAAAAHHHHHHH……diesen Tag wirst du so schnell nicht vergessen, da bin ich sicher!!!!
                Aber schön war es trotzdem, und du würdest es doch bestimmt wieder machen, gell?

                • Nein, das wird mir auf ewig unvergessen bleiben. 😉
                  Ich spiele bereits mit dem Gedanken, vor meiner Tessin-Reise Mitte Mai ein paar Tage Venedig anzufügen. Damit ich mal richtig schön Zeit für diese faszinierende Stadt habe, und weniger Reisestrapazen. 😉

                    • Nein, noch nicht. Ich habe heute mal nach Zugverbindungen zwischen Venedig und Mailand gestöbert, weil ich dann von Mailand aus bequem mit dem Bus nach Bellinzona reisen könnte – Zugfahren ist in Italien weitaus billiger als bei uns, durfte ich da zu meiner großen Freude feststellen. 😉

                    • Das stimmt. Aber die bummeln doch ziemlich, halten an jedem Grasbüschel, wenn ich mich recht erinnere. Ist allerdings schon viele viele Jahre her, dass ich in Italien war.

                    • WENN die Lokführer nicht streiken….grins…ich bin mal von Rom nach Blogna gefahren und war gefühlte fünf Tage unterwegs….lach…

                    • Huh! Mal bitte den Teufel nicht an die Wand. 😉 Ich glaube, es fährt auch ein Fernbus von Venedig nach Mailand, aber wohl nicht immer, und wenn der in Mailand ankommt, und der Bus Richtung Bellinzona geht früher, dann nutzt mir das nix… Na, mal schauen, ich habe ja noch fünfundneunzig Tage Zeit zum Planen und Buchen. 😉

                    • Ach was….du wirst genauso viel Glück haben wie mit deinem Geldbeutel, ganz bestimmt.

                      Fünfundneunzig Tage….das ist ja nicht mehr lang hin….ein Grund zur Freude 🙂

  4. Das erste Bild der Tratoria (von außen) ist großartig. Wirklich großartig!
    Aber auch snst sehr schöne Bilder dieser wunderbaren Stadt

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