Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Dies und das…

… Eine für mich recht ungewöhnliche, da ziemlich ausgeprägte, Internet-Unlust hatte mich in der vergangenen Woche ergriffen. Ich konnte und wollte das, was mich bewegte, zudem nicht in Worte fassen. Ich fühlte beim Stöbern im WWW, im Gesichtsbuch, beim Gezwitschere, und sogar hier in Bloggershausen, so etwas wie gelangweilten Verdruss. Es schien sich alles im Kreise zu drehen – die Bilder, die Texte – die alltäglichen Banalitäten einerseits, das Widerspiegeln von Angst und Hass andererseits…

… Meine Hüfte machte mir zu schaffen. Auch viereinhalb Monate nach der Operation war es mir immer noch nicht möglich, schmerzfrei und ohne Hinken über einen längeren Zeitraum zu gehen, zu sitzen und zu stehen. Angst – nun ergriff diese auch mich, aber nicht in Bezug auf fremde Menschen, die hierher kommen, weil sie sich in unserem Lande Schutz und Sicherheit erhoffen. Wie nun, wenn dem Operateur ein Fehler unterlaufen war, den man mir verschwiegen hatte? Wenn er irgendwelche Muskeln und Sehnen, oder Nerven gekappt und nicht mehr richtig zusammengefügt hatte? Zudem scheint es zur Zeit in der Firma wieder einmal zu viele Beschäftigte zu geben, selbst langjährige Aufsichten bekommen lediglich drei bis vier Dienste pro Woche. Wenn diese Phase länger andauern sollte, dann kann ich von dem, was ich verdienen werde, nicht mehr leben. Meine Angst nahm zu. Düstere Gedanken peinigten mich. Wie soll das nur weiter gehen, welchen Ausweg gäbe es, wenn ich weder meine Gesundheit noch ein ausreichendes Arbeitspensum wieder erlangen würde?…

… Am Freitag mittag ereignete sich dann ein kleiner Lichtblick: Ein Disponent rief mich an, und bot mir einen zusätzlichen Dienst nach Feierabend im Prinzregenten-Theater an. Als Garderobenfrau. Ohne zu zögern sagte ich zu. Man gab das Musical „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ zum besten, und wider Erwarten wurde es ein wirklich schöner Abend mit angenehmen Gästen, unerwartetem Trinkgeld, erfüllt vom Klang hin- und mitreissender Musical-Melodien…

… In der Nacht fand ich nur wenig Schlaf, das rechte Bein begann, ziemlich heftig zu schmerzen, kaum dass ich mich zur Ruhe gebettet hatte. Wieder suchte sie mich heim, die Angst…

… Samstag morgen stand ich auf – und konnte mich den ganzen Tag über ungehindert und völlig schmerzfrei bewegen. Vor lauter Euphorie marschierte ich auf meinem Abschnitt immer wieder hin und her, machte gymnastische Übungen, mein Konterfei spiegelte sich in den großen Vitrinen, in welchen wertvolles silbernes Geschirr zur Schau gestellt wird, ich beobachtete das Abbild in den blank polierten Glasscheiben, und arbeitete eifrig am Gangbild. Als ich gegen Feierabend einen sympathischen und sehr ehrlichen Kollegen fragte, wie das aussieht, wenn ich laufe, gab er mir zur Antwort: „Noch ein wenig eckig und hin und wieder auch staksig, aber wie Sie sich bewegen, das ähnelt schon sehr einem normalen Gang.“ Ein schöneres Kompliment hätte er mir gar nicht machen können. Selig stieg ich die Treppe hoch in den Umkleideraum…

… Ich werde von nun an keine Angst mehr haben, schwor ich mir im Stillen, während ich vor dem großen Spiegel noch ein bisschen auf und ab schritt. Keine Angst vor einer „Überfremdung“ Deutschlands (die nicht stattfinden wird), einer drohenden „Eskalation“ bzw. einem „Zusammenbruch“. Keine Angst, dass „wir“ mit der derzeitigen Situation nicht auf positive Weise fertig werden („wir“ haben dergleichen bereits mehrmals in unserer Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg bewältigt). Ich werde keine Angst vor rechtslastigen Sch***ern wie z. B. Pegidioten, „besorgten Bürgern“, „Lügenbürgern“ und „Asylkritikern“ haben (hatte ich ohnehin nie), die Beobachtungen, welche ich in letzter Zeit im „realen“ Leben machen durfte, haben mich davon überzeugt, dass diese erfreulicherweise doch noch in der Minderzahl sind – und auch bleiben werden, selbst wenn in den Medien, und vor allem im Internet, häufig ein gegenteiliger Eindruck erweckt wird. Ich werde keine Angst mehr davor haben, nie wieder richtig gehen zu können. Ich werde keine Angst mehr vor meiner beruflichen und finanziellen Zukunft haben…

… „Ich werde keine Angst mehr haben!“…

… So sprach ich laut vor mich hin, während ich zum Fenster schritt, weil mich ein gleichsam feuriger Widerschein auf einem gegenüber liegenden Haus am Odeonsplatz neugierig gemacht hatte. Und griff dann angesichts der wunderschönen Abendstimmung am südwestlichen Himmel über München ganz schnell zur Kamera:…

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… Wie zur Feier des Tages umfingen mich auf dem Weg zur Bushaltestelle die Klänge meiner Lieblings-Straßenmusiker, einem Quartett namens „Honest Talk“. Die jungen Männer haben sich während des Musikstudiums kennen gelernt, und beschlossen, eine etwas anders geartete musikalische Karriere zu starten. An den Wochenenden geben sie bei schönem Wetter am Eingang zum Hofgarten sozusagen ein Open-Air-Konzert, lassen sich ansonsten für Veranstaltungen engagieren, vor ein paar Jahren spielten sie sogar mehrere Monate lang in einem der Restaurants des legendären und höchst feudalen Sieben-Sterne-Hotels Burji al Arab auf. Ich mag den schönen, lässigen und melodischen Swing-Jazz sehr, den die Jungs zum Besten geben, wobei sie nicht nur alte Klassiker wie z. B. Dave Brubeck’s „Take Five“ sondern auch eigene Arrangements intonieren…

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34 Antworten zu “Dies und das…”

    • Danke! 🙂 Da hat es sich wieder einmal als unschätzbarer Vorteil erwiesen, dass unsere Garderobenräume in der Residenz so hoch oben liegen. Auch wenn die meisten von uns Tag um Tag das lange und steile Treppenhaus verfluchen. 😉

  1. Nun ja, es ist immer die Frage, wie man ‚Angst‘ definiert. Es gibt wohl Gründe, besorgt zu sein, mögliche Auswirkungen zu bedenken und dann Maßnahmen dagegen zu ergreifen.
    Persönlich keine angst zu haben ist natürlich eine gute Sache und ich freue mich, dass es dir gut geht.
    LG, Ingrid
    P.S. Ein dramatisches Wolkenbild 🙂

    • Angst ist für mich etwas Irrationales und das logische Denken, die Vernunft Beeinträchtigendes, den Geist Lähmendes. 😉 Ich habe schon einige Male die Erfahrung machen dürfen, dass immer dann, wenn ich Ängste über Bord geworfen hatte, sich binnen kurzem die Lösungen für ein oder mehrere aktuelle Probleme darboten…
      Die Erleichterung darüber, dass dem guten Onkel Doktor wohl doch kein Kunstfehler unterlaufen ist, und die Schmerzfreiheit in Hüfte und Bein in dem Maße wächst, wie sich die Muskeln und Nerven regenerieren, erfreut mich schon sehr. 🙂
      Zur Zeit gibt es öfters diese dramatischen Himmel- und Wolkenstimmungen.
      Liebe Grüße!

  2. Angst ist ja ein schlechter Ratgeber – so sagt man. Dennoch haben wir ein Recht auf unsere Ängste. Gut finde ich, dass Du damit „arbeitest“ und auch bereit bist, Dich dieser zu stellen. Diese Schmerzphasen kenne ich ja – nur eben, weil ich mit meiner Hüfte nicht zum Arzt gehe und auch keine Schmerzmittel einnehmen darf. So lebte es sich bisschen dahin.
    Ich hoffe so sehr, dass sich Deine Schmerzen bald verflüchtigen. Könntest Du dem Arzt nicht mal auf den „Zahn fühlen“?

    Die Fotos sind einfach himmlisch!

    Liebe Sonntagsgrüße von
    Sylvia

    • Ja, weil Angst sehr oft den Geist lähmt und auch die Perspektive verdunkelt, die Sicht auf die Dinge im allgemeinen und besonderen. Ich werde mir in Zukunft weder von den Medien noch den lieben Mitmenschen Ängste einflößen lassen, basta, punktum. 😉
      Du solltest mit deiner Hüfte aber doch mal einen Arzt aufsuchen, das wird ja nicht besser, sondern verschlechtert sich eher noch…
      Je mehr die Muskeln und die Nerven sich regenerieren, umso weniger werden die Schmerzen, diese Feststellung durfte ich jetzt machen. Und der Genesungsprozess zieht sich zwar, liegt aber immer noch im Bereich des Normalen, bei manchen Fällen (wenn zum Beispiel sehr lange Zeit vor der OP eine Fehlhaltung bzw. ein falsches Gangbild vorgelegen hat) kann es durchaus ein halbes Jahr dauern. Nach dem gestrigen Tag bin ich mir sehr sicher, dass innerhalb der nächsten Zeit alles gut werden wird. 😉
      Danke schön!
      Liebe Sonntagabendgrüße!

  3. manchmal hat man so Zeiten, wo die Angst ueberwiegt und alles andere in den Hintergrund drueckt. Ich freu mich, dass es wieder vorbei ist und deine Zukunft wieder ein klein weniger Rosarot erscheint. Deine Bilder sind Klasse
    ich mache im Moment mal wieder etwas Pause, zuviel um die Ohren mit Familie

    • Ich bin auch sehr erleichtert, dass für dieses Mal die Angstphase überwunden ist. 😉
      Danke schön, liebe Vivi. Ich habe schon bei dir gelesen, dass du zur Zeit wieder viel mit deiner Familie zu tun hast.
      Herzliche Grüße!

  4. Ein guter Entschluss, mutig nach vorn zu sehen. Um dort hin zu kommen, muss man sich mit seiner Angst vermutlich erst anfreunden, und sich dann liebevoll von ihr verabschieden.
    Sehr schöne Aufnahmen! Ich wünsche dir einen schönen Abend ☼

  5. Ja genau, Angst lähmt. Und genau deswegen ist es ja so schwierig, aus diesen Phasen wieder herauszukommen. Du hast das gut gemeistert, Glückwunsch :-). Die Bilder sind wunderschön!

    • Die kleinen Schönheiten und Nettigkeiten des Alltags und die beruhigende Beobachtung, dass rundum eigentlich alles so läuft wie gewohnt, obwohl so Viele „Krise! Krise!“ schreien – das hat mich aus der Angst heraus geholt. 😉
      Danke schön, liebe Gaby!

  6. Deine Angst um dich kann ich gut verstehen.
    Nun ist sie besiegt. Und sogar die Arbeit macht Hoffnung.
    Geh es langsam an mit deinem perfekten Gang.
    die Himmelsfotos sind ne Wucht und die Musiker verstehen sich bestens, kann man sehen.
    deine Bärbel

    • Es scheint zur Zeit nicht so einfach für die Disponenten zu sein, genügend Dienste für alle Mitarbeiter aufzustöbern. Aber solche Phasen hat es schon einige Male gegeben, und wir haben sie bislang allesamt überstanden. 😉
      Üben, üben, üben, immer fleißig üben – das muss ich, sonst wird das noch lange nix mit dem perfekten Gang. 😉 Heute abend war ich wieder im Schwimmbad, bin fleißig geschwommen, und habe Wasser- und „Trocken“gymnastik gemacht. 😉
      Danke schön! 🙂 Ja, die Jungs harmonieren gut miteinander.
      Herzliche Grüße!

  7. Super foto mit dem Sonnenuntergang. Hast die fotos noch nachbearbeitet?
    Seiner Angst muss man sich stellen. Nur so kann man sie auch besiegen.

  8. Fein, dass du wieder da bist, weil es das Gleichmaß in Bloggerhausen durchbricht, was du schreibst.
    Zumindest finde ich das.
    Die Ängste kann ich verstehen. Ich kenne sie auch und ich weiß, dass das ich nicht viel dagegen zu setzen habe. Bis jetzt konnte ich mich immer am Kragen nehmen und ich hoffe, dass es so bleibt.
    Du hast eine Zusatzschicht bekommen. Reich wirdt du davon bestimmt nicht. Aber du hattest einen schönen Abend, trotz Trappel an der Garderobe und schmerzender Hüfte. Bewahr dir diese Freude. Sie ist sehr viel.
    Gruß von der Gudrun.

    • Das ist ein ganz wundervolles Kompliment, liebe Gudrun. Ich danke dir sehr dafür.
      Ja, ich hoffe auch, dass ich weiterhin dazu in der Lage sein werde, mich aus meinen Ängsten zu befreien. Und dir wünsche ich das auch, von Herzen…
      Mit etwas Glück und Rückenwind werde ich in Zukunft des Öfteren Zusatzschichten bekommen. 😉 Jetzt kommt die Zeit der Jacken und Mäntel, also die Garderoben-Saison. Und etliche Feiertage, an welchen sich immer schwer Personal findn lässt. 😉
      Ich habe den Abend im Theater sehr genossen – die leuchtenden Kinderaugen, die Begeisterung und den Beifall, die schöne Musik. Ich freue mich schon darauf, vielleicht wieder etwas mehr Zeit im Prinzregenten- oder einem anderen Theater verbringen zu dürfen.
      Liebe Grüße!

  9. Tolle Bilder. Jeder hat seine eigene Gang-Art. Sei stolz darauf. Einzigartig zu sein ist nicht schlimm. Ich mag dich egal wie du läufst. GLG Odie

    • Danke schön! 🙂 Seit heute beginne ich, im wahrsten Sinne des Wortes rund zu laufen. Es fühlt sich so was von großartig an, dass ich meine Freude gar nicht in Worte fassen kann – mir stehen grad die Tränen in den Augen. 😀
      <3 lichst!

      • Du wirst wunderschön Laufen. Ich habe auch einen sehr steifen und staksigen Gang. Aber mein Frauchen liebt mich egal wie ich laufe. GLG Odie

  10. Traumhafte Fotos hast du da gemacht. Schade das du nach so langer Zeit immer noch nicht schmerzfrei bist. Hast du schon mal deine Beine vermessen lassen. Bei so einer Operation kann es schon mal vorkommen das, ein Bein kürzer oder länger geworden ist. Da kann man aber Ausgleich schaffen. Übrigens ich war heute ebenfalls wegen meiner Hüfte zur Kontrolluntersuchung. Alle drei Jahre wird diese Kontrolle durchgeführt. Alles Bestens und das nach 15 Jahren.
    Ich wünsche dir noch einen schönen Abend. L.G.

    • Danke schön! 🙂
      Das rechte Bein ist ca. 1,3 Zentimeter länger als das linke, das hat mein Orthopäde bereits nach meiner Entlassung aus der Reha vermessen. Seitdem habe ich links an den Schuhen, die ich für gewöhnlich trage, Sohlenerhöhungen.
      Langsam wird’s mit dem richtig schönen und ungestörten Gang. Wenn man über einen längeren Zeitraum eine Fehlhaltung hatte und gehinkt hat, dann kann es schon vorkommen, dass es bis zu einem halben Jahr dauern kann, bis sich der Körper mit den neuen Umständen sozusagen arrangiert hat. Aber wie gesagt, allmählich wird’s richtig, richtig, richtig gut. 😀
      Im Juni, also ein Jahr nach der OP, muss ich zur ersten Kontrolluntersuchung, da werden dann auch neue Röntgenaufnahmen angefertigt.
      Ich freue mich sehr, dass mit deiner Hüfte alles zum besten steht, lieber Lutz.
      Hab du auch einen schönen Abend!

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