… Beim Stöbern auf meinem Blog, der vermutlich bald die Grenzen seiner Kapazität erreicht haben wird, bin ich auf diese Reminiszenz an eine längst vergangene, große Liebe gestoßen:…
Sein Gesicht
Die schön geschnittenen blauen Augen erinnern mich an die Bergseen meiner Heimat, den Sonnenschein widerspiegelnde, kühle Labsal verheißende Saphire inmitten karger und lebensfeindlicher Steinwüsten. Läßt man sich nach zermürbendem, schweißtreibendem Aufstieg am Ufer nieder, durchdringt einen die tiefe Ruhe, der kraftspendende Frieden eines Ortes, welcher dem Himmel ein Stückchen näher ist als der Rest der Welt… Tauchen meine Blicke in die seinen, dann umfangen mich Warmherzigkeit, die Gelassenheit eines reinen Herzens, das sanfte Strahlen tiefer Zuneigung und ich fühle mich wie ein Pilger, der auf der beschwerlichen Wallfahrt des Lebens eine seelenerfrischende Rast einlegen darf.
In einer Zeit, da das Schönheitsideal millimetergenau festgelegt zu sein scheint, wirkt sein Antlitz beim ersten Hinsehen beinahe befremdlich, es ähnelt keinem gängigen Typus. Es ist von einer dunklen, schier düsteren Hagerkeit, oftmals tiefe Schatten unter den Augen verleihen einen zerquälten Eindruck. Für mich ist es schön, anrührend, beinahe zart die Linie seiner Wangenknochen, sie verrät den kleinen Jungen, der sich in ihm verborgen hält. Die Nase ist groß, wohlgeformt, mit schmalem, edlem Rücken, der Mund mit der ausgeprägten Unterlippe wird zur schmalen Linie zusammen gepreßt, wenn er sich konzentriert, ärgert oder seine innere Ruhe gestört wird, entspannt ist er weich geschwungen. Auf dem zweiten Blick offenbaren seine von einem ungewöhnlichen Lebensweg herb in die leicht gebräunte Haut gemeisselten Züge eine beeindruckende Intelligenz, eine schier grenzenlose Einfühlsamkeit, eine wache und so empfindsame Seele und Verletzlichkeit. Die Stirn ist hoch und erhebt sich aus dichten Brauen, zwischen welchen zwei Furchen stehen, dunkle Locken, von Silberfäden durchwirkt, verbergen seine Schläfen.
In diesem Gesicht läßt sich gut lesen, es tut von seinem Inneren kund. Er verstellt sich nicht, ist ehrlich und klar wie das Meer, bleiern und dräuend in grüblerischer Versunkenheit, heiter im Morgenglanz verspielten Humors, windstill, voll des Friedens mit sich selbst, gelöst in sanfter Romantik, wenn er verträumt mit halb geschlossenen Augen den Kopf leicht zur Seite neigt…
Nie könnte die kalte Optik einer Kamera diesem Haupte gerecht werden, ein Maler müßte es zu bannen versuchen, ein Maler, der seine Farben mit dem Herzen führt…
Ich kenne dieses Gesicht und entdecke es doch jeden Tag aufs Neue, ich verliere mich darin, ich wandle darin wie in einer markanten Landschaft, voll der tiefgründigen Schönheit…