Marthas Momente-Sammlung

Glück ist die Summe schöner Momente

Sie beherrscht…

… den Platz vor der Bayerischen Staatsoper: Die Statue des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph…

… Doch ohne das beherzte Eingreifen einer ungewöhnlichen und höchst leidenschaftlichen jungen Frau wäre dem Sproß aus der Pfalz-Zweibrückener Seitenlinie des bayerischen Herrschergeschlechts der Wittelsbacher nie so viel Macht und Würde zuteil geworden…

… Im Jahr 1795 wurde die achtzehnjährige Maria Leopoldine von Habsburg-Este, eine Enkelin Maria Theresia’s, mit dem einundsiebzigjährigen Kurfürsten Karl Theodor, der den Pfälzer Wittelsbachern entstammte, sozusagen zwangsverheiratet. Die Wittelsbacher benötigten dringend einen Erben…

… (Links: Maria Leopoldine, rechts: Kurfürst Karl Theodor)

… Die junge Frau jedoch fand ihren Gemahl, der in natura nicht nur wesentlich verlebter aussah als auf dem obigen Portrait, sondern auch ein rechter Wüstling war, dermaßen abstoßend, dass sie sich nach kurzem schon weigerte, das Bett mit ihm zu teilen. Sie befleißigte sich nun ihrerseits eines für damalige Verhältnisse recht lockeren Lebenswandels, und setzte dem Herrn Kurfürsten während den vier Jahren ihrer Ehe etliche Hörner auf. Einer ihrer Liebhaber war Max Joseph, der jüngere Abkömmling der Wittelsbacher von Pfalz-Zweibrücken. Im Laufe der Zeit wuchs ihr Hass auf Karl Theodor so sehr, dass sie ihm sogar den Tod wünschte…

… Am 12. Februar 1799 tat er ihr, und seinen Untertanen, die ihn geradezu verabscheuten, den Gefallen. Während eines geselligen Abends mit Kartenspiel und üppig fließenden geistigen Getränken brach Karl Theodor vom Schlag getroffen zusammen…

… Vier Tage dauerte sein Todeskampf. Während dieser höchst dramatischen Stunden war es Maria Leopoldine, die das Schicksal Bayerns entschied. Sie sandte heimlich einen Boten zu Max Joseph, der nach dem Tod seines älteren Bruders Karl II. August der einzig legitime Nachfolger des Kurfürsten war, und ließ den kaiserlichen Gesandten Graf Seilern, der im gestreckten Galopp herbei geeilt war und ungeduldig vor dem Krankenzimmer wartete, nicht eine Sekunde aus den Augen. Denn dieser hatte einen Tauschvertrag in den Händen, dessen Inhalt nichts anderes bedeutet hätte, als das Ende der Selbständigkeit Bayerns und die Einverleibung des Landes in das Habsburger Reich. Als bekannt wurde, dass der Kurfürst bei Bewusstsein sei, hinderte sie den Grafen handgreiflich daran, einzutreten, um sich den Vertrag unterzeichnen zu lassen. Kurz danach verschied Karl Theodor…

… Am 20. Februar 1799 traf Max IV. Joseph, der neue bayerische Kurfürst, in München ein. Knapp sieben Jahre später machte Napoleon ihn zum König Max I. Joseph…

… (Links: Kurfürst Max IV. Joseph, rechts: König Max I. Joseph)…


34 Antworten zu “Sie beherrscht…”

  1. War echt eine spannende Zeit damals.
    Aber eine so junge Frau solch einem alten Mann zu verheiraten, das verdient auch nur Hohn.
    Sie war ja gewitzt und schlau, so hat sie euch Bayern erhalten.

    • Es gibt einige Episoden in der Geschichte meiner Heimat, die sind spannender als jeder Krimi, die verdienen es eigentlich, dass man gute Romane oder Filme aus ihnen macht. 😉
      Das ist damals in Adels- und Herrscherdynastien durchaus üblich gewesen, liebe Bärbel. Es hat ja auch die sogenannten Prokura-Heiraten gegeben, da wurden zumeist noch recht junge Menschen durch Stellvertreter miteinander vermählt, und die Brautleute lernten sich erst Jahre später persönlich kennen…
      Die Maria Leopoldine hatte das Herz auf dem richtigen Fleck, und höchst intelligent ist sie noch dazu gewesen. Als sie im Alter von Vierundsiebzig bei einem Kutschunfall starb, ist sie eine der reichsten Frauen Europas gewesen, die Freundin und enge Beraterin dreier bayerischer Könige, eine Diplomatin und Geschäftsfrau, die mit allen Wassern gewaschen gewesen ist, und es faustdick hinter den Ohren hatte. 😉

  2. Tja, es waren manchmal die klugen Frauen, die in die Geschichte der Regionen eingriffen. Und manchmal wird es sogar bekannt.
    Schön, dass du die Geschichte weiter erzählst.
    Gruß von der Gudrun

  3. Wer weiß, welche Rolle so manche andere Frau auch noch gespielt hat, ohne dass es in den Geschichtsbüchern vorkommt. Es wird aber auch langsam Zeit, die Rolle von Frauen näher zu beleuchten. Gut, dass du das schon mal gemacht hast.
    LG, Ingrid

    • In der offiziellen bayerischen Geschichtsschreibung wird der große Verdienst Maria Leopoldine’s ja auch nicht erwähnt. 😉 Ich habe sehr gestaunt, als ich beim Lesen ihrer Biographie darauf gestoßen bin. Und auch das Buch von Martha Schad „Bayern’s Königinnen“ offenbaren so manch Bemerkenswertes, was diese vier Frauen geleistet haben, und was auch stets außer acht gelassen wird…
      Ich denke mal, dass das nicht mein letzter Post über mutige und kluge Frauen in der bayerischen Geschichte gewesen ist. 😉
      Liebe Grüße!

        • Genau so ist es! 🙂
          Seit einer Weile ärgere ich mich Tag für Tag über einen gewissen Alfred Kraus, der eine Biographie unseres großen Kurfürsten Maximilian I. verbrochen hat. Wie kann man ein Buch über eine so faszinierende Persönlichkeit nur dermaßen laaaaaangatmig, umständlich und kompliziert, und überaus schwer verständlich zu Papier bringen! 😕

  4. Warum schreibst du nicht ein Geschichtsbuch? Mit ein paar Anekdoten und unterhaltsam, mit Fachwissen verknüpft, stelle ich mir das auch für den größten Geschichtsmuffel anregend vor.
    Liebe Grüße .-) .

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