… Ausgerechnet in der Nacht vor meiner Abreise suchte mich der Migräne-Dämon wieder einmal heim – und ich hatte zuvor verbummelt, mir die hilfreichen Zäpfchen verschreiben zu lassen! So musste ich des morgens die Zugfahrt Richtung Überlingen um ein paar Stunden verschieben. Mit sehr weichen Knien, immer noch unheilvoll pochendem Kopf und schmerzenden Augen kroch ich in den Regionalzug, der mich zunächst nach Ulm bringen würde. Nach ein paar Stunden Fahrt durch die idyllische bayerisch-schwäbische Ebene, mit ausgedehnten Feldern, dunklen Wäldern und kleinen Weilern bestanden, erwachten zum Glück die Lebensgeister wieder…
… Am Bahnhof Überlingen wurde ich bereits von der lieben Claudi erwartet. Sie geleitete mich zunächst in die Münsterstraße, dort hatte ich im kleinen Hotel “Zur Sonne” eine Unterkunft reserviert. Diese befand sich über einem japanisch-chinesisch-vietnamesischen Restaurant, war über ein teilweise sich im Freien befindliches Treppenhaus zu erreichen, und winzigst klein, aber sauber, und sehr, sehr ruhig…
… Claudi chauffierte mich danach zur barocken Basilika Birnau. Vom Bus, Zeppelin und Schiff aus hatte mich diese erhaben und einsam auf einer Anhöhe ruhende Kirche schon sehr fasziniert, nun brannte ich darauf, sie mir endlich einmal aus der Nähe anzusehen…
… Die Birnau wurde ab dem Jahre 1746 unter Leitung des seinerzeit berühmten Baumeisters Peter Thumb erschaffen. Das dazu gehörige Weingut, sowie das gleichnamige Kloster, als Sommersitz der Äbte von Salem genutzt, befinden sich etwas unterhalb am Seeufer. 1803 ging im Zuge der sogenannten Säkularisation der gesamte Besitz in weltlichen Besitz über. Prinz Max von Baden überließ jedoch im Jahr 1919 die Anwesen den Zisterziensern von Mehrerau bei Bregenz…
… Schier überwältigend sind Prunk, Glanz und Detailverliebtheit im Inneren der Wallfahrtskirche, eine Weile lang verharrte ich stumm, nicht wissend, wohin ich zuerst blicken sollte. Eigentlich ist das Fotografieren verboten, doch da Claudi und ich nebst zwei ins Gebet versunkenen Frauen die einzigen Besucher waren, machte ich still und heimlich doch ein paar Bilder…
… Als wir eintraten, präludierte ein Organist zunächst leise und gesetzt vor sich hin. Doch schon bald wurde sein Spiel kraftvoller, leidenschaftlicher, schließlich brausten die gewaltigen Kadenzen wie ein Sturmwind durch das Kirchenschiff, und unter der Wucht der Bässe vibrierte das Gestühl. Ergriffen und wie benommen ließen wir uns nieder, die Überfülle an barocker Kunst und die Eindringlichkeit der Musik jagten uns Schauder über den Rücken…
… Wir machten noch einen kurzen Abstecher hinunter zum Anwesen “Seehalde”, einem sehr feudalen Hotel und Restaurant. In der Zwischenzeit hatte sich im Nordwesten ein recht eindrucksvolles Unwetter zusammen gebraut, das nun in Richtung See dräute. Dort herrschte ein ganz besonderes Licht. Ein Schwan trieb sehr malerisch auf den metallisch schimmernden Wassern hin und her – doch jedesmal, wenn ich die Kamera am Auge hatte, und abdrücken wollte, verschwand er bis auf den Bürzel im kühlen Nass. Es hat etliche Anläufe und ein gerüttelt Maß an Geduld gebraucht, das Foto zu schießen, das ihr in der beigefügten Galerie sehen könnt…
… Nachdem wir die ersten Riesenregentropfen zu spüren bekommen hatten, und der aufkommende Wind die drückende und stechende Schwüle über dem Ufer verdrängte, traten wir die Rückfahrt nach Überlingen an, um uns dort zu stärken und noch ein wenig miteinander zu plaudern…
35 Antworten zu “Am schönen großen See – Barockkirche Birnau…”
Da hast Du aber Glück gehabt, daß sich Frau Migräne wieder verkrümelt hat und Du bzw. Ihr so einen schönen Tag hattet. Die Bilder sind super schön, besonders die abendlichen, sehr romantisch. Dieses Häuschen da, ha hätte man fast Lust, drin zu wohnen.
Liebe Grüße zu Dir! 🙂
Des Nachts, als es mich voll erwischt hatte, hätte ich schon beinahe die Hoffnung aufgegeben, ohne Medikamente ist das schon eine arge Qual… Aber der Rest des Tages hat die ganze Ungemach wieder wett gemacht. 😉
Danke schön, liebe Ellen! 🙂
Oh, ja, das kleine Häuserl hatte es mir auch angetan! Es ist wohl eine Imkerhütter, dahinter befinden sich die Bienenhäuslein. 😉
Liebe Grüße!
So eine Art kleines Häuschen, so mitten in der Natur, einfach winzig und schön, das war schon als Kind mein Traum. Dann heute bitte aber mit Internet, hahahaaa. 😉
Ja, das ist seit ewigen Zeiten auch einer meiner Träume. 😉
Na, aber hallo! Wenn, dann bitteschön mit allen Schikanen – selbstverständlich mit Internet! 😆
Also meine liebe Margot, dein Seebild ist hammerstark! Und auch die Gewitterwolke hat was ganz Tolles! Dein Reisebericht lässt mal wieder nur erahnen, welch schönen Tag du hattest. Ich mag übrigens auch so kleine Barockkirchen. Sie haben einen besonderen Charme und der liebe Herr Gott wird es verzeihen, dass du still und heimlich doch geknipselt hast ;-).
Liebe Grüße von einer wieder etwas gesunderen Mandy!
Danke, liebe Mandy! 🙂
Der Tag startete etwas schlecht, hat sich dann aber ganz wunderbar entwickelt. 😉 Der Tag darauf war auch ausgesprochen prachtvoll, dazu komme ich allerdings wahrscheinlich erst übermorgen. 🙂
Barockkirchen sind überquellende, die Augen schon fast überfordernde Schmuckkästchen. Man weiß oft gar nicht, wohin man zuerst schauen sollte. 😉
Der Große Weltengeist kennt ja meine Liebe zum Bodensee und seiner Umgebung…
Ich wünsche dir weiterhin gute Besserung!
Deine Geduld bezüglich des Schwanes hat sich gelohnt, liebe Margot. Die Aufnahme ist bombastisch, ich bin total begeistert.
Aber auch die anderen Aufnahmen, vor allem die Gewitter- und die Abendstimmungen sind einfach wunderbar. An deinen Bildern sieht man, wie sehr du den See magst.
Nachdem ich das Federvieh ganz ordentlich mit Kraftausdrücken bedacht hatte. 😉
Danke schön, liebe Ute! 😀 Mein nächstes Ziel ist mit absoluter Sicherheit Stein am Rhein, ich habe letzte Nacht sogar von diesem Städtchen geträumt, und es will mir so gar nicht mehr aus dem Kopf gehen… 😉
na, da hast du ja wieder viel gesehen und erlebt, deine Kopfschmerzen haben sich wohl von selbst verflüchtigt, schön, wenn man so Freunde hat, die einen bei solchen Unternehmen begleiten,, macht einfach mehr Spaß, nicht wahr, hast wieder sehr schön beschrieben, was ihr erlebt habt, habe dich in die Kirche begleitet, Regen hattet ihr auch, ist doch schön, brauchen wir doch auch mal wieder, also, mache es gut auf der weiteren REise, KLaus
Ich habe in Ulm sehr langsam einen halben Liter Cola getrunken, das renkt nach einem Migräneanfall, der bei mir stets von ganz schlimmer Übelkeit und wüstem Erbrechen begleitet wird, den Magen wieder ein, bringt den Kreislauf auf Touren und macht den Kopf klar…
Nun ja, der Regen beschränkte sich auf eine Handvoll riesengroßer Tropfen, das ist’s dann auch schon gewesen. Das Unwetter ist östlich von uns über den See gezogen, und hat sich dann, dem Donnern und den Blitzen nach zu schließen, auf der Schweizer Seite ausgetobt…
Hab’ noch einen schönen Sonntagabend!
in die Schweiz, das ist ok
Ja, auf der anderen Seite des Bodensees hat man bestimmt auch Regen gebraucht.
Genau und ich bin kein Freund der Schweiz, aber nicht, weil ich da kein Konto habe, die haben mich mal abgehockt, hatte einen Blitzwarner dabei, eingezogen und 1000 DM damals noch
Oh, du Ärmster! 😉
Ja, barock: der Bericht, die Fotos, da schwelgt die Freidenkerin in den schönsten Eindrücken, und wir kriegen was aus dem Füllhorn ab. 🙂
Ich bin halt gerne barock – von der Figur angefangen bis zu meinen künstlerischen Darbietungen. 😉
Trotz deiner Kopfschmerzen ist der Tag noch schön geworden. Die Bilder sprechen für sich. Ich bin an der Kirche mal vorbei gefahren. Von Friederichshafen nach Überlingen zur Fähre nach Mainau. Die Kirche sah von Außen schon imposant aus. Leider waren wir nicht drin. Aber jetzt weiß ich ja wie sie drinnen aussieht. Toll. Ein klasse Reisebericht von dir. L.G. Ludger
Ich hatte schon befürchtet, gar nicht fahren zu können…
Das Innere der Kirche Birnau ist schon verwirrend und bestürzend in all ihrer Pracht und Herrlichkeit. Einen Besuch ist sie allemal wert. 😉
Danke schön!
Liebe Grüße!
Von außen macht die Kirche ja nicht ganz so viel her aber von innen ist sie ja echt ein Hammer. Allein der Altarraum. Super! Den musikalischen Sturmwind hätte ich mir auch gerne angetan. 🙂
Naja, ich mache auch immer Bilder in den Kirchen 🙂 Nur im Regensburger Dom ging es nicht – da liefen überall Ordner herum 🙁
Bild 15 + 16 gefallen mir besonders gut. Da hast du eine tolle Stimmung eingefangen.
Ich finde, dass die Kirche von außen durchaus was her macht. Sie ist der Blickfang der ganzen Umgegend dort. 😉 Und so herrlich idyllisch gelegen, umgeben von Weinbergen und Obstgärten, den See zu Füßen… Der dortige Weißwein – Birnauer Klosterhang, Müller-Thurgau – ist sehr fein, goldgelb, fruchtig, fröhlich, leicht, ein echter Trinkgenuss. 😉
Das Innere der Birnau ist schier atemberaubend, Barock vom Allerfeinsten und Allerüppigsten.
Danke schön! 🙂
Ich hab das von Bild 4 her abgeleitet. Das sieht so eher recht mager aus 😉
Ich bin kein Weintrinker. Das Urteil muss ich Steffi überlassen 🙂
Wahrscheinlich hat man mit Bedacht die Fassade eher schlicht gehalten, damit das Innere dann um so überwältigender wirkt.
Weiss ich doch, dass du eher a Bierle zischst. 😉
Das wäre natürlich eine Möglichkeit 🙂
Dich hauen selbst die miesen Kopfschmerzen bewundernswerterweise nicht um.
Ich bin kein Expertin für Fotografien, aber deine finde ich wieder wie aus dem Reiseprospekt. 😉
Dank dir kann ich Stellen in dem von mir geliebten Bayern kennenlernen, die ich in diesem Leben nicht mehr sehen werde. Deine Reiseerlebnisse sind für mich jedesmal wieder ein Genuss.
Das Innere der Kirche hat es mir auch angetan. Welch atemberaubender Prunk.
Herzlichst
Oh, wenn der Anfall wirklich schwer gewesen wäre, hätte ich nicht fahren können, da wäre ich für den Rest des Tages so gut wie tot gewesen. 😉
Ich suche mir für meine Fotos ausgesprochen gerne die schönen Ecken und Winkel und Stimmungen aus – das Unharmonische und Unschöne, Triste haben wir ja im alltäglichen Leben zur Genüge. 😉
Danke schön, liebe Bärbel, ich nehme dich sehr, sehr gerne stets auf meine kleinen Reisen mit. 🙂
In der Birnau haben sich die Künstler des Barock so richtig ausgetobt.
♥lichst!
Migräneanfälle können den Betroffenen wirklich das Leben schwer machen. Ich bin froh, dass ich davon verschont geblieben bin.
Wenn du dagegen in unserer Gegend die meist tristen Kirchen siehst… Vielleicht kenne ich die wirklich schönen auch nur nicht. 😉
Nun hat Bayern aber auch ausnehmend viele wundervolle Landschaften und Sehenswürdigkeiten.
Oh, und wie! 😕 Aber die sogenannten Cluster-Kopfschmerzen müssen noch viel furchtbarer sein, ein Bekannter von mir leidet manchmal darunter.
Das ist wohl wahr! Wobei die ganze Gegend um den Bodensee, sei es nun bayerisches, schwäbisches, österreichisches oder schweizerisches Gebiet, traumhaft schön ist, mit vielen sehenswerten Fleckerln…
Von der Art Kopfschmerzen habe ich noch nicht gehört. Muss ich mal googeln.
Den Bodensee kenne ich leider noch nicht. Alles was davon gezeigt wird, sieht aber wundervoll aus.
Na ja, man kann eben nicht alles haben. 😉
Mir sind Cluster-Kopfschmerzen bis vor kurzem auch noch völligst unbekannt gewesen.
Ich fühle mich immer unbehaglich in diesen überladenen Kirchen und wenn ich daran denke, wie die katholische Kirche zu ihren Schätzen gekommen ist und andererseits Demut und Bescheidenheit predigt….
Aber beeindruckend sind sie schon, diese Kirche. Ich war mal in der in Ottobeuren.
Mir haben es aber vor allem Deine Seebilder angetan. Da wähnt man sich ja in der Toskana… und so stimmungsvoll mit dem Licht. Klasse.
Der Gedanke stellt sich beim Besichtigen solcher Kirchen natürlich bei mir auch stets mit ein: Wie viel Blut, Schweiß und Tränen der Handwerker und Bauern ringsum solch ein Übermaß an Pracht wohl gekostet haben mag…
Es gibt so einige Ausblicke am Bodensee, da wähnt man sich wirklich in die Toskana versetzt…
Danke schön! 🙂
Das war ja dann haarscharf am Scheitern vorbei. Wie gut, dass es doch noch geklappt hat, sonst wäre die Enttäuschung sicher groß gewesen. Von außen sieht die Kirche so aus, wie sich ‘die Preußen’ Bayern vorstellen 😉 Ich liebe diese Zwiebeltürmchen. Mit dem Barock innen kann ich mich nicht anfreunden; das ist mir zu überladen und zu überwältigend, einfach zu viel. Ich nähm’ dann lieber das kleine Imkerhäuschen. Das ist ja schnuckelig.
LG, April
Uff, ja! Das hätte mich sehr gewurmt, wenn ich hätte liegen bleiben müssen, da ich ja das Bahnticket bereits online bestellt und das Zimmerchen fix reserviert hatte!
Die Zwiebeltürmchen-Architektur bayerischer Kirchen finde ich auch stets herzerwärmend. Auf der Strecke von München nach Lindau kommt man im Zug unter anderem an einem lang gestreckten, nicht sehr hohen Hügel vorbei, hinter dem ganz vorwitzig so eine Zwiebelturm-Kirchenspitze hervor lugt, vielleicht klappt’s ja mal, dieses zu fotografieren. 😉
Oh, wohl würde ich mich in dem kleinen Imkerhäuschen auch fühlen. 😉
Liebe Grüße!
Donnerwetter – im wahrsten Sinne – das ist eine prächtige Kirche. Etwas weniger Prunk ist mir zwar lieber, doch zum Ansehen einfach überwältigend! Sieht man den Kirchen oft gar nicht an, was alles in ihnen steckt…, liebe Grüsse Kalle
Ja, nicht wahr! Sie hat mich immer schon magisch angezogen, wie sie da – von außen gar nicht so sehr spektakulär – auf ihrem Hügel über dem See thront.
Herzliche Grüße!